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Dr. Johannes Homa von der Lithoz GmbH im Interview

 

Der Geschäftsführer der österreichischen Lithoz GmbH spricht über keramische Werkstoffe, Potential, Hypes und dem Austrian 3D-Printing-Forum im Mai 2014.

Bereits während seines Studiums an der Technischen Universität (TU) in Wien wirkte Dr. Johannes Homa bei der Entwicklung des Lithography-based Ceramic Manufacturing (LCM)- Verfahrens zu additiven Fertigung von Hochleistungskeramiken maßgeblich mit. Prof. Jürgen Stampfl (TU-Wien), der unter anderem auch den Österreich Teil des jährlichen Wohlers Reports schreibt, war dabei sein Doktorvater. In gemeinsamen intensiven Forschungsarbeiten entstanden zahlreiche Publikationen im Bereich der Generativen Fertigung sowie einige Patente. Nach seinem Studium wird Homa Mitgründer der Lithoz GmbH und übernimmt die Geschäftsführung. Das Unternehmen entwickelte auf Basis des von der TU-Wien patentierten LCM-Verfahren das generative Fertigungssystem CeraFab 7500. Das in Österreich produzierte Gerät, ermöglicht das Erstellen von komplexen, stabilen und hochauflösenden Objekten aus verschiedenen Keramiken ohne Werkzeugkosten für industrielle und medizinische Anwendungen. Heute gilt das Unternehmen als Weltmarktführer im Bereich der Generativen Fertigung von Hochleistungskeramik.

Das Unternehmen bietet neben dem CeraFab 7500 auch Beratung, Entwicklungsdienstleistung, die nötige Software sowie verschiedene optimierte Druckmaterialien an. Auftragsfertigungen überlässt das Unternehmen dabei lieber seinen Kunden um diesen „keinen Mitbewerb zu machen“ so Homa. Derzeit beschäftigt die Lithoz GmbH 14 Mitarbeiter, ist in Wien ansässig und expandiert laufend. Mittlerweile wird selbst die aktuelle Niederlassung zu klein, weshalb das Unternehmen in kürze in größere Räumlichkeiten in den 6. Wiener Gemeindebezirk ziehen wird.

 

Werkstoff Keramik

 

Keramik Bauteile_Zirkonoxid

Der anorganische Stoff Keramik eignet sich in einer besonders reinen Form für eine Vielzahl von industriellen, medizinischen und technischen Anwendungen.

Der Werkstoff bringt dabei die Vorteile einer hohen Temperatur- und Korrosionsbeständigkeit, einer hohen Verschleißfestigkeit sowie gute tribologische Eigenschaften mit sich. Zusätzlich verfügt das Material über eine geringe Dichte mit einer hohen Härte, einer geringen thermischen Ausdehnung, einer guten elektrischen und thermischen Isolationswirkung sowie über eine ausgezeichnete Biokompatibilität die den Werkstoff auch für medizinische Einsätze äußerst interessant macht.

Die „Herausforderung bei der Hochleistungskeramik sei die Dichte“ so Homa. Erst „über eine Dichte von über 99% Pluswird der Werkstoff für viele Anwendungen interessant.“ Dies sei aber „nur mit viel Know-How“ erreichbar.

Für die generative Fertigung bietet die Lithoz Gmbh daher verschiedene hauseigene Materialien an. Lithoz hilft seinen Kunden aber auch bei der Verarbeitung von deren eigenen keramischen Materialen.

 

Lithography-based Ceramic Manufacturing (LCM)

 

LCM Verfahren

Das LCM-Verfahren arbeitet mit einer photosensitiven Kunststoff- und Keramikpartikelmischung die mit einem Mischverhältnis von 1:1 ein zähflüssiges, honigartiges Ausgangsmaterial bildet. Ein eigens entwickeltes Projektsionssystem belichtet mittels LED- Technologie die Oberfläche des Materials und härtet dies Schicht für Schicht flächenartig aus. Die verwendete Projektionsoptik ermöglicht dabei ein präzises Aushärten von feinsten Strukturen. Das dadurch entstehende Kunststoff/Keramik Objekt („Grünling“) wird nach dem „Druckvorgang“ in einem Ofen entbindert, wodurch der Kunststoffanteil vollständig ausgebrannt wird und dannach die keramischen Anteile fest miteinander versintert werden. Der Bauteil erhält dabei durch Schrumpfung seine endgültige Größe und wird zu einem hochfesten, reinen Keramikobjekt.

CeraFab 7500

 

CeraFab

Der von der Lithoz GmbH entwickelte CeraFab 7500 stellt ein komplettes System für die präzise generative Fertigung von Hochleistungskeramik dar. Mithilfe des LCM-Prozesses erstellt das System auf Basis eines digitalen 3D Modells Schicht für Schicht Keramikobjekte. Das netzwerkfähige, 1,2 x 0,6 x 1,8 große und 250 kg schwere additive Produktionssystem kann Objekte in einer Größe von 76 x 43 x 150 mm bei einer Layerhöhe von 25 – 100 um und einer Auflösung von 40um (635 dpi) erstellen. Das Gerät arbeitet im stand-alone Betrieb und belichtet bis zu 100 Schichten pro Stunde.

Das generative Verarbeiten von Keramiken hat neben klassischen Verarbeitungsmethoden den Vorteil, dass bei gleichen Materialeigenschaften komplexe Strukturen ohne Wärmespannungen erzeugt werden können. Zeitgleich wird bei diesem Verfahren an Materialverbrauch gespart, da nur jenes Rohmaterial verbraucht wird das direkt in das Endprodukt einfließt. Aufgrund der  ressourcenschonenden Verarbeitung und dem vollständigen Entfallen von Werkzeugkosten eignet sich das Verfahren auch für die wirtschaftliche Produktion von Einzelstücken und Kleinserien.

Dadurch ist der CeraFab 7500 für Anwendungen in der Hochleistungskeramik Industrie besonders geeignet. Beispielsweise werden Hochleistungskramikbauteile dann im Automobilbau (z.B.: Prototypen, Dieselpartikelfilter), den Sondermaschinenbau (z.B. Komponenten für Textilmaschinen), Elektronik (z.B. Isolationsbauteile), Luft- und Raumfahrt, Medizintechnik (z.B. Implantate), Schmuck (z.B. Uhrengehäuse) bis hin zum Haushalt (z.B. hochwertige Gewürzmühlen) eingesetzt.

 

Potential, Hype und Realität im 3D-Druck

 

Die keramischen Ingenieure sind seit Jahrzehnten auf die Konstruktion von einfachen Formen vorbereitet worden“ (…) „es müsse erst ein Umdenken einsetzten, dass nun auch komplexe Formen einfach realisiert werden können ohne die Limitationen herkömmlicher Herstellungsverfahren“ so Homa. In dieser Entwicklung „liegt derzeit ein großes Potential für die Generative Fertigung“. Als Beispiel für einen derartigen Prozess nennt Homa GE (General Electric) mit der additiven Entwicklung der Leap Engine.

Jedoch sei dabei auch immer zu beachten, dass die dadurch realisierbaren neuen Funktionalitäten und die damit auch verbundenen Kosten sich auch immer tragen müssen“ fährt Homa fort. „Der added value muss immer auch kostenmäßig abgebildet werden können“. Dies „bedeutet nicht, dass die Kosten auf den Kunden abgewälzt werden, sondern dass ein tatsächlicher Zusatznutzen beispielsweise in Form einer Effizienzsteigerung realisiert werden kann“.

Der derzeitige Hype rund um die MakerBot Szene hilft uns aber ebenfalls“ (…) das Thema ist derzeit einfach en vogue und jeder möchte mit dabei sein“ der Hype erzeuge dadurch „enorme Aufmerksamkeit“ so Homa und „zieht dadurch auch im industriellen Bereich Investoren an“. „Für die Größe des Markts“ genieße das Thema jedoch „übermässig viel Aufmerksamkeit“. Unabhängig von der tatsächlichen Realität könnte dieser Trend jedoch zu einer Art „self fulfilling prophecy“ werden, „wo viel Energie und Geld investiert wird, wird auch etwas aufgehen“. Trotzdem seien derzeit auch einige „Glücksritter“ am Markt unterwegs „deren Überleben am Schluss von der Strategie“ abhängig sein wird. „Auf langer Sicht wird Qualität eine große Rolle spielen“, so Homa.

Bei „dieser Technologie handelt es sich nicht um eine eierlegende Wollmilchsau“ die „für jeden Anwendungsbereich interessant ist“ so Homa. „Herkömmliche Produktionsverfahren“ werden deshalb „nicht verschwinden“. In Teilbereichen habe die Technologie jedoch „durchaus Potential disruptiv zu sein“. Als Beispiel nennt Homa die Produktion von „Hörgeräteschalen“ die mittlerweile fast ausschließlich mittels additiven Verfahren produziert werden.

Eine „Demokratisierung der Produktion“ sieht Homa im industriellen Bereich nicht. Seiner Meinung nach ist „nicht nur der Zugang zu Maschinensondern auch das Know How, Zeit und der richtige Umgang damit“ relevant.

Zwar könnte die Technologie auch neue Arbeitsplätze schaffen, bei politischen Initiativen wie America Makes stehe seiner Meinung nach aber eher der „Innovations Charakter im Vordergrund“.

Mit „3D Food Printing“ kann Homa nur wenig anfangen. Ebenso mit dem Drucken eigener Ersatzteile von Konsumenten. „Ich würde mir selbst vermutlich keinen neuen Griff (anm. für einen Kasten) drucken“ meint Homa. Bei der „Individualisierung von Produkten“ könnte die Technologie jedoch möglicherweise schon herangezogen werden. Aber auch hier sei die „Bereitschaft der Kunden dafür zu bezahlen“ Voraussetzung.

Kritisch sieht Homa auch das anorganische Wachstum von 3D Systems (DDD), das durch ständige Zukäufe auch von einstigen Kunden entsteht. In Verbindung mit dem Zukauf von Dienstleistungen und das daraus resultierende Aufreten als Mitbewerber, wird nach Meinung von Homa „am Markt wenig goutiert“. Andererseits „partizipiert das Unternehmen damit auch an den Margen mit“ und könne „dadurch auch den Absatz seiner Geräte weiter sicherstellen“.

Für 2014 erwartet Homa jedenfalls noch einige neue Börsengänge.

 

Austrian 3D-Printing Forum

 

Austrian 3D-Printing Forum

Dr. Johannes Homa ist fachlicher Leiter des Austrian 3D-Printing Forum am 6.Mai 2014. Das Jahresforum für Generative Fertigung & Zukunft der Produktion findet im Cogress Center der Messe Wien statt.

Im Zuge des Forums werden namhafte Gäste aus der Wirtschaft und Industrie sowie prominente Keynotespeaker erwartet.

Er selbst hat die Keynotes zu dem Thema „3D Druck heute“ und „Nachhaltige Veränderungen für die Industrie“ gehalten. Das Austrian 3D-Printing Forum fokussiert laut Homa auf die bereits „tatsächlich existierenden Bereiche“ der Generativen Fertigung.

 

Das vollständige Programmheft finden Sie hier.

Weiterführende Links:

Pictures: Ringhofer

 

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