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Hochleistungsmaterial PEEK (Polyetheretherketon) in der additiven Fertigung

PEEK (Polyetheretherketon) ist ein hochtemperaturbeständiger, thermoplastischer Kunststoff und bildet mit wenigen weiteren Kunststoffen die Leistungsspitze der Hochleistungsthermoplaste.

Hochleistungsthermoplaste zeichnen sich durch die eben erwähnte hohe Temperaturbeständigkeit sowie hohe mechanische Festigkeit aus, wohingegen PEEK zusätzlich beständig ist gegen chemisch aggressive Medien und hochenergetische Strahlung und außerdem biologische Verträglichkeit aufweist. Dank dieser herausragenden Eigenschaften ist PEEK ein Werkstoff, der in vielen industriellen und medizinischen Anwendungen vom Bioreaktor zum Satelliten, über die Vakuumpumpe zu den Schädelimplantaten, breiten Einsatz findet. In der jungen, wachsenden Technologiebranche der additiven Fertigung hat sich die Verarbeitung von PEEK als besonders herausfordernd herauskristallisiert.

Dabei stellt sich allerdings die Frage, ist das PEEK, mit dem die 3D-Druckerhersteller werben, auch das PEEK, welches bereits seit mehr als zwanzig Jahren in den oben genannten Beispielen erfolgreich verwendet wird? Gibt es denn überhaupt „das PEEK“ oder unterscheidet sich PEEK, je nachdem von welchem Materialhersteller es bezogen wird?

PEEK wurde erstmals von dem britischen Unternehmen ICI unter dem Namen Victrex PEEK kommerziell auf den Markt gebracht, nachdem sich das Unternehmen das Verfahren zur Synthese 1977 patentieren ließ. Seit Beginn der neunziger Jahre wird das Material auch im medizinischen Kontext verwendet. Das Potential, das das Material bietet, haben auch andere namhafte Hersteller wie Solvay und Evonik erkannt und ihrerseits PEEK-Typen auf den Markt gebracht. Dabei unterscheiden sich die Polymere der verschiedenen Hersteller voneinander zum einen durch eine unterschiedliche Synthesemethode, zum anderen durch eine unterschiedliche Synthesedauer.

Als anschauliches Bild kann eine Halskette dienen. Diese besteht wie die Thermoplaste aus einzelnen, gleichartigen Gliedern, die miteinander verbunden sind.

Würden wir uns Kettenglieder von Halsketten als einzelne Elemente in einer Schale vorstellen und die ausschütten, würden die einzelnen Kettenglieder problemlos herausrieseln. Sind die Kettenglieder in langen Ketten miteinander verbunden und wir schütten die Schale aus, so kann man sich vorstellen, dass die Ketten eher als ein zusammenhängendes Knäuel aus der Schale fallen würden. Die einzelnen Ketten haben sich miteinander verknotet. Dieses Verhalten, das direkt mit der Länge der einzelnen Ketten zusammenhängt, kann analog auf die Thermoplaste übertragen werden. Somit sind die mechanischen Widerstände bei langen Ketten, man spricht von hohem Molekulargewicht, größer als bei kurzen Ketten. Diese sind im Gegenzug jedoch weniger anfällig für Verwicklungen als die langen Ketten, was zu einer höheren Fließfähigkeit führt. Eine hohe Fließfähigkeit ist vor allem bei Verarbeitungsverfahren wie dem Spritzguss erwünscht. Die geschmolzenen Thermoplaste sollen in kurzer Zeit die hintersten Bereiche der Spritzgussformen erreichen, ausfüllen und dann rasch erstarren. Dieses ist eine gewünschte Eigenschaft, die mit zähflüssigen Thermoplasten kaum zu erreichen wäre. Hingegen eignet sich höher viskoses PEEK eher zur Herstellung von Halbzeugen wie Stangen und Platten, die letztlich maschinell in die finale Bauteilform zugeschnitten werden. Die Abbildung zeigt eine Übersicht der unterschiedlichen PEEK Typen, die am Markt erhältlich sind und deren mechanische Eigenschaften am Beispiel ihrer Biegefestigkeiten.

Die additive Fertigung ist ein Fertigungsverfahren, welches wie im Spritzguss das Material aufschmilzt, jedoch einen langsamen Erstarrungsprozess erfordert. Im Gegensatz zum Spritzguss haben filamentbasierte 3D-Drucker keine begrenzenden Formen, sondern bilden Freiformen ähnlich wie bei der Extrusion von Halbzeugen. Die Herausforderung der additiven Fertigung besteht nun darin, ein einerseits fließfähiges Material zu erhalten, welches andererseits jedoch die mechanischen Eigenschaften der Halbzeuge aufweist. Um diese Problematik zu lösen, können zwei mögliche Ansätze gewählt werden. Die erste Möglichkeit besteht darin, das PEEK in seiner molekularen Struktur so zu verändern, dass Eigenschaften wie hohe Fließfähigkeit und rasches Erstarren bei wenig Verzug entstehen. Nun ist PEEK nicht nur ein Hochleistungspolymer, sondern gehört auch zur Gruppe der teilkristallinen Polymere. Die Teilkristallinität verleiht PEEK erst die herausragenden Eigenschaften der hohen mechanischen, thermischen, chemischen und biologischen Festigkeit. Und dabei gilt, je länger die Kette ist, desto stärker wird das Polymer. Dieser Eingriff in die molekulare Struktur verleiht dem Polymer zwar eine bessere Verarbeitbarkeit, jedoch auf Kosten der besonderen Eigenschaften.

Die zweite Möglichkeit, die gewünschten mechanischen Eigenschaften der PEEK Sorten, wie man Sie aus dem Halbzeug kennt, nicht zu verlieren, besteht darin, den Verarbeitungsprozess an das Material ideal anzupassen. Entscheidend hierfür ist das Zusammenspiel von Aufheiz- und Abkühlprozess, das für jede PEEK Sorte und Kettenlänge einzeln einzustellen ist. Die Firma Apium Additive Technologies hat diesen Ansatz gewählt, um für Kunden, die die PEEK Eigenschaften der Halbzeuge für Ihre bestehenden Produkte benötigen, den Verarbeitungsprozess an das Material anzupassen anstatt das Material an den Verarbeitungsprozess anzupassen. Der patentierte Verarbeitungsprozess findet über den lokal gesteuerten Wärmeeintrag in das Bauteil statt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass PEEK nicht einfach nur PEEK ist, sondern sich voneinander in der Kettenlänge, dem Molekulargewicht und dem Herstellungsprozess unterscheidet. Die verschiedenen PEEK-Typen sind auf die jeweiligen Verarbeitungsmethoden zugeschnitten. Statt das Material an den Druckprozess anzupassen, hat die Firma Apium den Verarbeitungsprozess an das Material angepasst. Letztlich wird PEEK wegen seiner originären herausragenden Eigenschaften geschätzt. (U.Popp, S. Khaja, W. Schwarz)

Der Artikel basiert auf eine Meldung von Apium

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