Home Trends & Visionen 3D-Druck: kindische Ideologie oder industrielle Revolution?

3D-Druck: kindische Ideologie oder industrielle Revolution?

Über mögliche Zukunftsszenarien aus der Welt der 3D-Drucker berichten wir jeden Tag. Von medizinischen Wundern bis zur industriellen Revolution, vieles ist denkbar. Alles nur kindischer Hype meint Christopher Mims.

Von künstlicher Niere über maßgeschneiderte Sportschuhe. Geht es nach Enthusiasten (wie uns) steht die Rapid Manufacturing Industrie kurz vor dem Durchbruch. Andere sehen die Entwicklung etwas skeptischer, sie befürchten einen neuen überschätzten Hype hinter der Entwicklung.

“nicht nur kindisch, sondern absurd”

Extruding, printing, and sintering are not the same as manufacturing” titelte kürzlich Christopher Mims im technology review. Die Erwartung, einer neuen Konsum-Revolution seitens 3D-Drucker ist nicht nur kindisch sondern absurd. Geschmolzene Kunststoffteile sind bestenfalls für billiges Plastikspielzeug geeignet, werden aber keinenfalls das Ende der herkömmlichen Produktion einläuten. Privater 3D-Druck ist ein weiterer Hype wie einst Virtual Reality und wird auch das gleiche Schicksal mit diesem teilen, so der Author.

Mit diesen direkten Worten, spricht Mims sich klar gegen überzogene Erwartungen von 3D-Druck aus. Seine Kritik zielt dabei vor allem auf 3D-Drucker im privaten Bereich ab. Auch er erwartet jedoch einen Einfluss der Technologie auf die industrielle Produktion:
There will be plenty of interesting applications for 3-D printing, but I’ll bet the ones that will have the biggest impact will be within traditional factories, where rapid prototyping is already having a huge impact.

Auch wenn diese Aussagen teils desillusionierend klingen hat Mims damit derzeit nicht unrecht.
Zwar werden im privaten Bereich viele kreative und erstaunliche Objekte produziert, komplexe Objekte wie Elektronik aus dem Personal 3D-Printer wird es aber wohl noch länger nicht geben.

Realistischer ist eine fließende Revolution

Allerdings behauptet auch niemand, dass sich die komplette Produktion in kurzer Zeit auf den privaten Haushalt verlagern wird. Ein Übergang von Technologien geschieht immer fließend und vielfach existieren mehrere Generationen parallel. So “konnte die Entwicklung der Waschmaschine bis heute nicht die öffentlichen Wäschereien vollständig verdrängen” postet passend ein User unter dem Artikel. Somit ist ein schrittweiser Übergang auch hier wahrscheinlich. Private 3D-Drucker und öffentlich nutzbaren Rapid Manufacturing Anlagen existieren bereits heute.

Ein solcher Übergang ist somit durchaus auch mit “billigen Plastikspielzeug” möglich. Dass sich damit bereits heute einige wenige Konsumgüter ersetzen lassen, beweist die Thingiverse Community tagtäglich. Und auch komplexere mechanische Objekte können heute schon von Privatpersonen via 3D-Dienstleister aus Hartkunststoffen oder Metallen gesintert werden.

Ein Teil der Produktion hat sich damit bereits in Richtung Konsumenten verschoben. Unsicher ist künftig dabei lediglich das Verhältnis zwischen Eigenproduktion und industrieller-Produktion. Sicher scheint aber auch, dass auch die herkömmliche Industrie weiter existieren wird.

Konsument bleibt Konsument

Wenn man von Verschiebungen von Industrie zu privaten Haushalten spricht, ist dies nicht vollständig richtig. In Wahrheit verschieben sich bloß Industrien untereinander. Der Konsument bleibt immer ein solcher, egal ob er fertige Produkte oder 3D-Tintenpatronen und künftig Lizenz- und Produktrechte kaufen wird. Die Entwicklungen in diesem Bereichen scheinen daher kurzfristig viel relevanter.

Besonders interessant wird dabei jedenfalls die rechtliche Entwicklung. Ob kapitalistisch geprägte Patentgesetze und Urheberrechte die Entwicklungen verzögern oder eine Open Hardware Philosophie der Technologie (weiter) Flügel verleihen wird ist mindestens ebenso interessant wie die technischen Möglichkeiten an sich.

Dieser Frage geht auch Fabbaloo in einem kürzlich erschienenen Beitrag nach. Anhand der vor kurzem vorgestellten Desktop 3D-Drucker: MakerBot Replicator und 3D-Systems Cube werden darin die unterschiedlichen Ansätze verglichen. Dass die Karten dabei schlecht für die Open Source geprägten “Maker-Philosophie” stehen, befürchtet auch dieser Author. Sein Resümee ist simpel: “there are (just) far more “non-makers” in the world“.

Die Zukunft bleibt offen, aber spannend

Die menschliche Faszination eine eigene unabhängige Produktionsanlage zu betreiben, ist im Hinblick auf Freiheit und Unabhängigkeit jedenfalls verständlich. Die Möglichkeit materielle Produkte virtuell auszutauschen ist selbst schon ein kleines Wunder. Dass viele erfolgreiche Revolutionen mit einer unrealistischen Ideen begonnen haben ist auch nicht zu verleugnen.

Entwickler die gemeinsam an Open Source Hardware arbeiten und freigiebig alle persönlichen Modelle mit der Allgemeinheit teilen klingt nach Utopie, ist aber tatsächlich Realität. Zumindest in diesem Bereich hat 3D-Druck jetzt schon eine erfolgreiche Revolution gestartet.

Lesen Sie hier die Entwicklung und Geschichte der 3D-Drucktechnologie

Lesen Sie dazu auch: 3D-Druck wird uns nur noch mehr an Unternehmen binden

Update:
Einen Gegenstandpunkt zu Mims Bericht findet sich nun ebenfalls auf technologyreview.com
Why 3-D Printing Will Go the Way of Virtual Reality

Bild: Eugène Delacroix – La liberté guidant le peuple (Wiki Commons)

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