Home Gastbeiträge Oldtimer-Restauration: 3D-Scanner ermöglichen den Nachbau von Ersatzteilen

Oldtimer-Restauration: 3D-Scanner ermöglichen den Nachbau von Ersatzteilen

Das Oldtimer Praxis Magazin testet, welchen Beitrag 3D-Scanner von Artec 3D bei der Reproduktion von Alu-Teilen betagter Autos leisten können. Mithilfe von Artec Space Spider entstehen eine Ölwanne und ein Wasserpumpengehäuse eines Vorkriegsmotors neu.

Oldtimer brauchen leidenschaftliche Besitzer, Sachverstand und Ersatzteile.  Doch letztere sind meist nur noch schwer bis gar nicht mehr zu beschaffen – und dann in der Regel nur zu extrem hohen Preisen. Wie sich begeisterte Schrauber helfen können, zeigt das technisch orientierte Magazin Oldtimer Praxis, das sich ausführlichen Restaurierungsberichten von klassischen Autos und Motorrädern widmet. In anschaulich aufbereiteten Artikeln erklärt die Redaktion technische Sachverhalte rund um das Thema Oldtimer und präsentiert selbst bei den kniffligsten Problemen Lösungsansätze.

Eine Ölwanne wird per 3D-Scanner digitalisiert

Eine immer wichtigere Rolle bei der Restaurierung spielen 3D-Handscanner, mit deren Hilfe sich wichtige Teile von Fahrzeugen leicht und flott erfassen lassen. Redakteur Alexander Polaschek steht vor der Aufgabe, die Alu-Ölwanne und das Grauguss-Wasserpumpengehäuse eines MG 1,3-Liter-Vierzylinders aus den 1930er-Jahren nachzufertigen. Neue Komponenten gibt es seit Jahrzehnten nicht mehr, gebrauchte Teile sind oft in einem schlechten Zustand, da mit Korrosion und Rissen belastet. Wie die Reproduktion beider Teile einfacher, rascher und preiswerter als mit bisherigen Verfahren funktioniert, zeigt das Ingenieurbüro KLIB aus Hasselbach in Person von Knut Lehmann. Lehmann ist zertifizierter Goldpartner von Artec 3D und kennt die Geräte der Firma bis ins kleinste Detail.

Leichte Übung: Auch Oldtimer Praxis-Redakteur Alexander Polaschek führt Artec Space Spider um die Ölwanne

Digitalisierung der komplexen Autoteile in wenigen Minuten

Knut Lehmann legt die Ölwanne auf einen Drehteller und scannt sie mit dem Handscanner Artec Space Spider aus rund 30 Zentimetern Abstand. „Objekte mit komplexer Geometrie und Textur können mit 3D-Scannern schnell und präzise digitalisiert werden“, sagt er, während er den Space Spider wie eine Videokamera um das alte Aluminiumteil herumbewegt. Der gesamte Vorgang dauert nur wenige Minuten. Auf dem angeschlossenen Computerbildschirm erscheint dabei der jeweils erfasste Bereich.

Die Ergebnisse des Scans werden auf dem Bildschirm dargestellt

Nach der Außenseite der Wanne kommt ihre Innenseite an die Reihe. „Der Scanner erzeugt mit einem Projektor ein Muster aus Punkten“, so Lehmann. „Sie dienen dazu, die Geometrie des Objekts zu erfassen, indem die Distanz durch Triangulation gemessen werden kann. Dies ist eine Berechnung anhand des Dreiecks zwischen Projektor, Kamera und Oberflächenpunkt. Der Space Spider bringt eine 3D-Auflösung von bis zu 0,1 mm und eine Messgenauigkeit von 0,05 mm.“

Knut Lehmann beim Scannen des betagten Wasserpumpengehäuses

Der 3D-Scanner verfügt über drei Kameras für die 3D-Darstellung sowie eine Farbkamera. Die Ölwanne wird in vier Bildergruppen mit jeweils 500 Aufnahmen unterteilt. Die 3D-Modellierungssoftware Artec Studio setzt sie halbautomatisch zum kompletten 3D-Modell zusammen und überprüft die entstandene Punktewolke permanent auf eventuelle Löcher. Sollte die Wolke eine Lücke aufweisen, kann an dieser Stelle gezielt mit dem Scanner nachgearbeitet werden. Das Programm erkennt den nicht zur Ölwanne gehörenden Drehteller und entfernt unbrauchbare Daten von selbst. Am Ende des Vorgangs entsteht eine STL-Datei, die per 3D-Drucker ausgedruckt werden kann. Doch das ergibt zu diesem Zeitpunkt wenig Sinn, da alle Beschädigungen und Risse des alten Originals miterfasst wurden.

Stadien des Reverse Engineering der Ölwanne

Reverse Engineering behebt Mängel an den Alu-Teilen digital

Das Beseitigen der Beschädigungen geschieht mithilfe eines CAD-Konstruktionsprogramms und dauert rund drei Stunden. Bei diesem Reverse Engineering (siehe Abbildung oben) können auch – falls nötig – Änderungen vorgenommen oder sogar Produktionsfehler korrigiert werden. Zudem kann der User hier zum Beispiel Partien nachzeichnen, die für den Scanner nicht einsehbar sind. Darüber hinaus haben 3D-Scans den Vorteil, komplett fehlende Teile in ein vorhandenes Fahrzeug konstruieren zu können. Beim Reverse Engineering der Ölwanne wird erst die Geometrie des Grundkörpers nachmodelliert, dann werden die ursprünglichen Scandaten auf Fehler untersucht. Dabei stellt Lehmann fest, dass die Dichtfläche des Originals nicht mehr eben ist, was er am PC korrigiert. Für die Kühlrippen wird zunächst eine Platte angelegt, aus der man sie dann herausschneidet. Aus der bearbeiteten 3D-Datei entsteht durch 3D-Druck ein mehrfach verwendbares Modell, das zur Herstellung einer Sandform dient. Früher mussten Modellbauer die Vorlagen dieser Sandformen von Hand erstellen – ein kompliziertes und zeitintensives Verfahren. Die Sandform wird anschließend an die Gießerei übergeben, die sie als Schablone benutzt, um die Ölwanne zu gießen.

„Besonders bei so komplizierten Strukturen wie der Ölwanne spielen 3D-Scanner ihre Vorteile aus“, sagt Alexander Polaschek von Oldtimer Praxis. „Das fertige 3D-Modell ist extrem detailreich und hervorragend für den Bau von funktionsfähigen Ersatzteilen geeignet, die es so gar nicht mehr gibt.“

Ergebnis: 100 Prozent Ersatzteil, 50 Prozent Zeitaufwand

Das Ergebnis der 3D-Scans: eine perfekt passende, makellose Aluminium-Ölwanne für den MG-Motor aus den 30er-Jahren. Laut Lehmann bringt die 3D-Scanner-Methode im Vergleich zu der Messmaschinenmethode eine Zeitersparnis von gut 50 Prozent. Und da Zeit Geld ist, lohnt sich das vorgestellte 3D-Verfahren gleich in doppelter Hinsicht. „Die 3D-Technik entwickelt sich mit großer Dynamik weiter“, erklärt Knut Lehmann abschließend. Das macht nicht nur Oldtimer-Fans Hoffnungen.

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