Fünfzehn Jahre hat das Team des Ägyptischen Museum Berlin in der Wüste des Sudan gegraben und historische Statuen, Skulpturen und Tempel restauriert. Über die Arbeit informiert bis 18. Dezember 2011 die Ausstellung “Königstadt Naga” im Kunstforum der Stiftung Berliner Volksbank. Selbst ein reales Modell der berühmten Hathorkapelle, das von voxeljet im 3D-Druckverfahren detailgetreu aus Kunststoff hergestellt wurde, können Besucher dort bestaunen.
Während der Grabungen in Naga wären viele Fragen mit konventionellen Methoden nicht zu beantworten gewesen, weshalb sich die Archäologen zum Einsatz modernster Technologien entschlossen. Was der Einsatz von Computern, Scannern und 3D-Drucksystemen möglich machte, zeigt sich an der Restauration der weltberühmten Hathorkapelle. Um die Vorhaben zur Restauration des Tempels genauestens abzustimmen und zu testen, sollten im Vorfeld Versuche an einem aufwändig erstellten virtuellen Modell Auskunft über unterschiedliche Vorgehensweisen geben.
Um zu einem aussagekräftigen Modell zu kommen, mussten im ersten Schritt die Überreste der Hathorkapelle gescannt werden. Ein nicht ganz alltägliches Projekt, wie Dipl. Ing. Thomas Bauer des Berliner Scanspezialisten TrigonArt erläutert: „Ein Bauwerk dieser Größenordnung vollständig dreidimensional zu vermessen, ist ein ebenso anspruchsvolles wie aufwändiges Unterfangen. Wir setzten in der sudanesischen Wüste das hochpräzise 3D-Streifenlichtscanning (Bild 1) ein und arbeiteten 3 Wochen lang an der vollständigen Erfassung der Kapelle. Mit rund 2.500 Einzelscans und etwa 1,5 Milliarden erfasster Bildpunkte ging es dann zurück nach Berlin.“
Das verwendete Streifenlichtscannsystem hat sich bei der berührungslosen 3D-Vermessung von Kunst- und Kulturgütern bestens bewährt. Die gewonnen 3D-Punktwolken beinhalten eine sehr hohe Informationsdichte bei einer sehr geringen Fehlertoleranz. Die erzielte Messgenauigkeit
garantiert hoch präzise 3D-Scanergebnisse, die gerade bei der Darstellung filigranster Details oder für die Abnahme von Maßen notwendig sind. So überzeugte auch das virtuelle Modell der Hathorkapelle durch maximalen Detailreichtum und Maßhaltigkeit.
Das am Rechner entstandene Modell bot den Archäologen die Möglichkeit, das Gebäude am Bildschirm in seine Strukturen zu zerlegen und geeignete Maßnahmen und Techniken zur Rettung des einsturzgefährdeten Gebäudes zu entwickeln. Ohne diese Technologie wäre es nicht möglich gewesen, die Kapelle mit all ihren abgestürzten Gebäudeteilen wieder derart authentisch zu restaurieren. Der Kapelle, die teilweise mit nachgebildeten Kunststeinrepliken behutsam wieder aufgebaut wurde, sehen die Besucher von Naga heute nicht an, dass hier 15 Jahre lang Archäologen und Computerspezialisten am Werk waren. Auf allzu weitreichende Rekonstruktionen hat man im Sinne einer Restauration mit einem Höchstmaß an Authentizität bewusst verzichtet.
Reales Modell aus dem 3D-Drucker
Da sich kaum jemand von der gelungenen Restaurierung der Hathorkapelle vor Ort überzeugen kann, kam der Wunsch nach einem realen Modell auf, das bereits auf der Ausstellung in Berlin präsent sein sollte. Ein physisches Modell war gefragt, das möglichst detailgetreu und präzise die Einzelheiten der Hathorkapelle wiedergeben konnte. Schnell war der Kontakt zum Augsburger 3D-Druckspezialisten voxeljet geknüpft. Hier in einem der größten Dienstleistungszentren Europas hat man sich auf die on demand-Fertigung von Sandformen für den Metallguss sowie von Modellen aus Kunststoff spezialisiert. Hersteller von Kleinserien und Prototypen aus den unterschiedlichsten Industriezweigen Europas schätzen die schnelle und kostengünstige Herstellung ihrer Gussformen und 3D-Modelle auf Basis von CAD-Daten.
„Zugegeben – die Anfrage einen historischen Tempel zu drucken, war auch für uns alles andere als alltäglich. Aber nach genauen Informationen von TrigonArt und Bewertung des vorhandenen Datenmaterials schien uns das Vorhaben auch in der geforderten Qualität durchaus realisierbar“, so Dr. Ingo Ederer, Geschäftsführer der voxeljet technology GmbH.
Nachdem die CAD-Daten für das Tempelmodell vorlagen, ging es direkt auf einen 3D-Hochleistungsdrucker des Typs VX800. Diese Maschinen sind prädestiniert für das Generieren von Bauteilen, bei denen es auf brillante Detailgenauigkeit und hochexakte Darstellung von Konturen ankommt. Hier entstand das Kunststoffmodell der Hathorkapelle in den Abmessungen 481x825x584 Millimeter direkt im Maßstab 1:10 aus den CAD-Daten im sogenannten Schichtbauverfahren. Aus Tausenden mikrometerfeiner Schichten generierte die VX800 nach einer Druckzeit von rund 18 Stunden die vollständige Kapelle.
Nach dem Entpacken ¬– ein Vorgang, bei dem überschüssiges Material vom Modell entfernt wird – war das Kunststoffmodell Realität geworden (Bild3): „Das physische Modell der Hathorkapelle übertrifft selbst hochgesteckte Erwartungen. Der Detailreichtum unserer Scans kommt in dem Kunststoffmodell unglaublich präzise zum Ausdruck. Einen weiteren Vorteil sehen wir in der mechanischen Stabilität des Modells, die eine lange Lebensdauer verspricht“, so Mark Praus von TrigonArt.
Interessierte, die bis 18. Dezember 2011 den Weg nach Berlin finden, können sich dort nicht nur selbst ein Bild von der Qualität des 3D-Druckes der Hathorkapelle machen (Bild4), sondern auch erfahren, zu welch überzeugenden Ergebnissen der Einsatz wegweisender Technologien in einer alten Wissenschaft wie der Archäologie führen kann. Nicht zuletzt dank innovativer Hightech-Verfahren werden die restaurierten Tempelruinen
(c)Text: Voxeljet.com
(c)Bilder: Trigonart