Eine aromatische Angelegenheit aus dem 3D-Drucker

Pures Wasser kann geschmacklich mit einer Limonade mithalten. Alles was es dafür braucht: eine gute Nase und eine Trinkflasche, die Wasser durch Duft aromatisiert. Dank 3D-Druck und Rapid Tooling verlief der Entwicklungsprozess einer solch besonderen Trinkflasche sehr schnell und unkompliziert.

Gastbeitrag von Stefan Holländer, Managing Director EMEA bei Formlabs

Krankheiten wie Diabetes werden häufig durch ungesundes Ess- und Trinkverhalten verursacht. Das liegt zum einen daran, dass viele Menschen in Getränken den versteckten Zuckergehalt oft nicht wahrnehmen. Zum anderen schmeckt vielen pures Wasser schlichtweg nicht, sodass sie lieber nach gezuckerten Getränken wie Limonaden oder Säften greifen.

Das Münchner Scale-up air up hat mit dem Verkauf von Trinkflaschen, die Wasser nur durch Duft aromatisieren, einen neuen Trend für gesunde Getränke mit mehr Geschmack gesetzt. Dabei hat sich das Team von air up das Phänomen des sogenannten retronasalen Riechens zu Nutze gemacht. Denn bis zu 80 Prozent unseres Geschmacks werden nicht durch die Zunge definiert, sondern durch die Nase.

Die Technologie für die neuen Trinkflaschen funktioniert dabei wie folgt: Durch die Aromapods am Mundstück steigen aromatisierte Luftblasen beim Trinken in den Mundraum und gelangen durch den Rachenraum zu den Riechrezeptoren. Diese sind dafür zuständig, den Geruch an das Gehirn weiterzugeben. Da das Aroma der Duftpods aus dem Rachenraum stammt, erkennt unser Gehirn den Geruch, jedoch wird dieser als Geschmack wahrgenommen. Das lässt pures Wasser wie eine leckere, süße Limonade schmecken.

Der 3D-Druck spielte im Entwicklungsprozess dieser Trinkflaschen eine Schlüsselrolle, sowohl für den direkten Druck von detaillierten und lebensmittelechten Funktionsprototypen als auch für das Rapid Tooling, um schnell und einfach spezielle Werkzeuge und Formeinsätze für traditionellen Fertigungsverfahren herzustellen.

Der Weg zur verkaufsfertigen Trinkflasche

Von der Idee bis hin zur finalen Trinkflasche – air up setzte den 3D-Drucker im gesamten Produktentwicklungsprozess ein. Zunächst wurden die einzelnen Teile designt. Dann mussten die Prototypen entwickelt, getestet und verbessert werden. Das air up-Team benötigte dafür wasserdichte, luftdichte und lebensmittelechte Prototyp-Materialien. Der 3D-Druck vereinfachte diese Prozesse bedeutend und eignete sich sehr gut für die Prototypenentwicklung.

Durch den Einsatz von 3D-Druckern konnte air up die einzelnen Teile in einer CAD-Software designen, leicht anpassen und flexibel verändern. Die STL- oder OBJ-Datei wurde dann in eine Software zur Druckvorbereitung importiert, damit der 3D-Drucker die Informationen verarbeiten konnte. Im Anschluss wurden die Prototypen direkt vor Ort in wenigen Stunden oder gar Minuten gedruckt.

Die Materialauswahl fiel während der Prototypentwicklung auf ein weißes Kunstharz, das universell einsetzbar ist und sich daher gut für die Prototypisierung eignet. Aber auch Dentalmaterialien wie biokompatible Harze wurden gelegentlich verwendet. Zwar wurden diese eigentlich für zahnmedizinische Anwendungen wie Bohrschablonen entwickelt. Doch durch ihre biokompatible (und lebensmittelechte) Eigenschaft eignen sie sich auch hervorragend für die Trinkflasche.

Die schnelle und einfache Herstellung von Formeinsätzen

Bei der Trinkflasche sind das Mundstück und die Duftpods entscheidend für die retronasale Wahrnehmung während des Trinkens. Insbesondere das Design des Mundstücks stellte sich dabei als sehr komplex heraus. Doch mithilfe von Rapid Tooling konnte das Team schnell und einfach Formeinsätze für den Silikonguss herstellen. So musste für ein Mundstück nur noch das Silikon in die fertige, 3D-gedruckte Silikonform gegossen und anschließend am fertigen Prototyp getestet werden. Hunderte Iterationen später hatte das Team somit auch schon das finale Mundstück für die verkaufsfertige Trinkflasche.

Das Zusammenspiel aus den 3D-gedruckten Formen und dem Gießsilikon erlaubte dem Team besondere Detail- und Maßgenauigkeit, ohne dabei Zeit einbüßen zu müssen. Und durch die hausinternen Iterationen und Prototypentests konnten die Qualität ihrer Produkte kontinuierlich und kosteneffizient verbessert werden.

3D-Druck – unverzichtbar für den Entwicklungserfolg

Durch die einfache Handhabung der 3D-Drucker konnten die Designer selbst aus ihren Entwürfen Prototypen anfertigen, sie direkt testen und flexibel Änderungen vornehmen. Damit lag die Macht in den Händen der Designer:innen.

Außerdem zeigt ein quantitativer Vergleich zwischen dem Rapid Prototyping und Rapid Tooling mit hausinternen 3D-Druckern und ausgelagertem Prototyping mit Silikonformenbau: Eine Iteration mit Rapid Tooling hat intern 24 Stunden und ca. 16 Euro Materialkosten erfordert. Demgegenüber nahm ein Outsourcing des Prozesses vier Wochen in Anspruch und bedurfte ca. 20.000 Euro.

Insgesamt konnte air up dank 3D-Druck und Rapid Tooling viele Fehler vermeiden und das Produkt schneller auf den Markt bringen.