Desktop SLA 3D-Druck – Ein Statement aus der Sicht eines Service Providers

Im Zeitraffer wachsen Objekte aus einer Flüssigkeit, gekoppelt über Stützstrukturen, senkrecht hängend an einer metallischen Platte. Was im ersten Moment wie die Geburt eines berühmten Filmroboters aus der metallischen Flüssigkeit aussieht, entspricht in Wirklichkeit dem langsamen schichtweisen Polymerisieren von UV-härtenden Harzen.

Der stereolithographische 3D-Druck, kurz SLA, fasziniert Anwender, wie Endkunden der Produkte, gleichermaßen. Komplexere Formen als sie in Dekstop-Lösungen beim FDM-Druck möglich sind, werden hier ins Bewußtsein gerückt und können für stark filigrane und geometrisch anspruchsvolle Designs genutzt werden.

Die steilen Erfolge der etablierten Hersteller von SLA 3D-Druckern zeugen von den Chancen und der Vermarktungsfähigkeit der Geräte. Sowohl in den vergangenen und aktuellen Marketingkampagnien der Marktspieler werden Geräte und Produktionssequenzen dargestellt. Dem Betrachter werden die Möglichkeiten des SLA-Drucks mit erschwinglichen Desktop-Geräten, bequem im Wohnzimmer oder auf dem Schreibtisch platziert, vorgeführt. Die schichtweise Polymerisation wird im Zeitraffer und das fertige Produkt stets makellos und glänzend dargestellt. Marketing-Videos sind sauber und perfekt.

Der Unterschied zwischen diesen Hochglanz-Marketingkampagnen und der Realität in der sich die Anwender und Service Dienstleister wiederfinden könnte kaum größer sein.

Für Start-Ups mit validem Know-How sind Desktop-Printer in der Anwendung eine gute Kompromisslösung zum Einstieg in die Servicewelt eines Lösungsanbieters für Prototypen und Kleinserien. Die Ausrichtung unseres Dienstleistungsportfolios war mit der Gründung stets auf einer breiten Palette an Möglichkeiten und Lösungen angelegt. SLA 3D-Druck war und ist immer noch für uns eine überzeugende Technik, um unseren Kunden Lösungen für gedruckte Modelle anzubieten, mit denen andere Techniken nur bedingt konkurrieren.

Tägliche Herausforderungen mit SLA-Druckern bedeuten vor allem eins: Kosten und starke Nerven, zwischendurch auch mal Freude am Erfolg eines Drucks

Als junges Gründerunternehmen überrollen einen Kosten aus verschiedenen Richtungen. Beim SLA-Druck bedeutet dies, dass einmalige Kosten für die Geräte durch schwer kalkulierbare laufende Kosten begleitet werden, die durch die Aufrechterhaltung des Betriebs und der Wartung der Geräte geprägt sind. Die Sauberkeit eines Prints, aus den obligatorischen Videos, bedeutet in unserer Praxis: Harzschliere auf der Arbeitsplatte, den Sicherheitshandschuhen und Bekleidungsstücken und an sonstigen Stellen in der Werkstatt. Die Reinigung der gedruckten Elemente bedeutet die Bereithaltung und den Einsatz von Chemikalien zur Reinigung (Waschbenzin, Isopropanol u.a.), Papiertrockentücher, sowie die Reinigung von Zangen, Cuttermessern, Fräsen, Schneidzangen und anderen manuellen Bearbeitungsgeräten.

Am folgenden Beispiel ist mit einem aus thingiverse frei zugänglichen Zahnrades eine Kostenübersicht kalkuliert worden, ohne Gewinne und Abschreibungskosten des Hardware-Invests für den Printer zu berücksichtigen. Die Kosten einer 1l Flasche Kunstharz sind mit 150 € angesetzt.

Das reine netto Volumen und Material des Bauteils würde ca. 1,35€ Kosten verursachen. Hinzukommen jedoch die weiteren Faktoren, die hierin weitergehend erklärt werden. Der eingehende Anteil an weiteren Kosten wird ferner maßgeblich durch die Betriebs-, Instandhaltungs- und Wartungskosten geprägt. Ebenso die manuelle Bearbeitungszeiten, die durch entsprechende Mannkosten (hier mit 10€ angesetzt) entstehen. Der Kostenanteil für das Bauteil rein bedingt durch das Material liegt in dem Beispiel bei ca. ¼ (mit Stützstrukturen), Betriebskosten bei mehr als ¾.

 


Die Prozesschritte beim SLA-Desktop – Druck im Überblick

Für die hinreichende und zuverlässige Aushärtung von gedruckten Objekten wird hochdosiertes UV-Licht genutzt. Das Sonnenlicht kann diesen Post-Druck-Prozess ebenso übernehmen, bedeutet jedoch eine Abhängigkeit der Wetterverhältnisse. Folglich bedeutet dies die Erfordernis zur Anschaffung eines Kompaktgerätes mit Leuchtmittel.

Für den Betrieb der Drucker werden i.R. Kunststoffbehälter eingesetzt, die mit silikonierten Beschichtungen eine Trennung zwischen dem Kunststoffbehälter und dem ausgehärtetem Modell ermöglichen. Die Silikone erlauben eine gewisse Flexibiliät und machen eine leichtere Lösbarkeit während der Schichtweisen Schälprozesse zur Trennung der polymerisierten Ebenen vom Boden möglich. Insgesamt altern polymere Werkstoffe unter dem Einfluss von UV-Licht, welches für den Produktionsprozess notwendig ist. Dieser Faktor bestimmt maßgeblich die Betriebskosten, denn vertrübte Silikonschichten oder gar versprödete Harzbehälter beeinträchtigen den Produktionsprozess: das UV-Licht, sei es ein Laser oder spektrale Anteile aus einer DLP-Beamer Quelle treffen falsch gerichtet oder gar nicht mehr an den Ort der Bestimmung. In der Folge ergeben sich Fehldrucke, was nicht nur das Gemüt des Bedieners strapaziert, Deadlines ins Wanken bringt, sondern auch eine direkte Auswirkung auf den anvisierten Gewinn hat.

Um an dieser Stelle Kosten zu sparen, bieten die Hersteller der Drucker Abhilfe durch das Angebot neuer Harzbehälter mit gleicher Lebenszeit. Alternativ dazu verwendet man die Behälter weiter und tauscht die Polymerlagen mit Industriesilikonen aus. Dieser Idee sind wir mit ReCoat nachgegangen und haben darüber eine praktische DIY-Lösung für den Anwender entwickelt.

Auch die Behälter haben insgesamt eine eingeschränkte Lebensdauer, ferner sind sie i.R. aus Kunststoff und nicht ewig resistent gegenüber dem chemischen Einfluss von Waschbenzin oder Isopropanol. Eine alternative Lösung dazu sind Glasbehälter, die entsprechend chemische Resistenz und unbegrenzte Widerstandsfähigkeit gegenüber aggressivem Licht haben.

Ein weiterer Kostentreiber ist das eigentliche Material, die Kunstharze aus denen die finalen Produkte geformt werden. Sowohl, im professionellen Bereich, als auch in der Consumer- und Desktop-Sparte, bieten die Inverkehrbringer der Drucker eigene Materiallösungen an, mit entsprechenden Kosten. Mittlerweile existieren mehrere Anbieter, die mit einem breiten Produktportfolio Harze zu den gängigsten SLA Druckern als Alternative anbieten. Diese werden aus rechtlichen Gründen als “kompatibel”, aber nicht als offiziell “alternativ” deklariert.

Ein echter Vorteil bietet es da dem Anwender, wenn über die Steuerungsprogramme der Drucker, Belichtungszeiten und tiefere Kenntnisse zu den Lichtquellen vorliegen. So kann für alternative, vlt. auch preisgünstigere, Harze eine Passgenauigkeit des Produktionsprozesses erzielt werden, sofern manuell nachgebessert werden muss. Auch hier gilt, stimmen die Anforderungen zur Poylmerisation nicht mit dem Prozess überein, fällt das Ergebnis ggf. anders aus, als man es erwartet.

Sowohl Hersteller der Geräte, als auch der Harze, sollten sich auf Standards verständigen. Klare Auskünfte zu den Bestrahlungsdosen, -Zeiten und Intensitäten sollten ausgewiesen werden, um eine flächendeckende Produktvielfalt zu erlauben und Wettbewerb für kostenoptimierte Verbesserungen der eigentlichen Materialien zu erlauben. Daran koppeln sich ferner Notwendigkeiten, dass physikalische Eigenschaften der Materialien benannt werden und darüber normierten Anforderungen an die Daten etabliert werden.

Neben den oben benannten Betriebs-, Instandsetzungs- und Wartungskosten gesellen sich außerdem Betriebsmittel wie Handschuhe, Reinigungstücher und -mittel und Werkzeuge zur manuellen Nachbearbeitung der Bauteile. Unabhängig von den Kosten für die Dauerbereithaltung, ist Zeitaufwand für die Umsetzung der Prozessschritte nach dem eigentlichen Druck notwendig. Beginnend beim Trennen des Prints von den Stützstrukturen, muss gereinigt, geschliffen und nachträglich gehärtet werden. Als Dienstleistungsanbieter spielen diese Kosten massiv in jedes Bauteil mit, da dies einfach gerechnet Mannaufwand ist, der berücksichtigt wird, und vielfach vom Endkunden bei der Preisabfrage nicht akzeptiert wird.

Bei den üblichen Portalen und auch über manuelle Produktionsanfragen werden die o.g. Punkte erst im zweiten Schritt dargestellt, was nicht besonders hilft, um frühzeitig Transparenz bei der Preisgestaltung zu machen. Jedoch muss auch hier die Sensibilität des Kunden geschärft werden. Kosten für einen Print mit SLA-Druckern liegen nie beim reinen Nettovolumen des Objekts, sondern mindestens doppelt so hoch aufgrund der doppelten Menge Materials, welche sich aus den Stützstrukturen ergeben. Es ist eine Sensibilisierung notwendig und zwar auf beiden Seiten, sowohl beim Dienstleister als auch beim Endkunden.

Der Hype um den 3D-Druck der in den letzten Jahren entstanden ist, muss der Transparenz im Dialog des Spannungsfeldes zwischen Auftragnehmer und -geber weichen. Stilisierte Marketingvideos und Bilder von SLA Druckern im Wohnzimmer dienen da ganz und garnicht. Des Weiteren muss die 3D Druck Industrie weiter reifen und sich in den Bereichen der Normung und Standardisierung den etablierten Industrien annähern um Kosten zu senken und dadurch die Nachfrage am 3D Druck zu erhöhen.

Fazit:

Die 3D-Printer-Szene muss eine transparentere Kommunikation etablieren, um erhöhte Sensibilität für Kostenfaktoren zu erzeugen. Betrieb und Wartung bieten massive Verbesserungsmöglichkeiten, z.B. beim reduzierten Einsatz von Verschleißmaterialien. Das hilft die Kosten und das Risiko zu senken und ressourcenschonend zu agieren. Es ist notwendig, dass zuverlässige Langzeitlösungen für den Betrieb der SLA-Drucker realisiert werden und nicht um eine Kommerzialisierung von Verschleißteilen zu protegieren. Viele SLA-Drucker-Hersteller werben mit „innovativ“, „neu“ und „nie dagewesen“. Die wahre Innovation muss aber ganzheitliche Lösungen für Anwender und Betreiber bedeuten womit optimierte Lösungen den versteckten Aufwand eines SLA Drucks transparent gemacht werden, Kreuzprodukte durch normative Ansätze möglich werden und Serviceplattformen eingerichtet werden, die helfen Kosten zu senken. Dann kann insgesamt auch der SLA-Druck im Consumerbereich unter den Dekstoplösungen nachhaltig konkurrieren.