Flexible metallische Elemente aus dem 3D-Drucker

Mit einem für die additive Fertigung optimierten Design liefert Günter Kappler Engineering den funktionalen Nachweis, dass additive Fertigung für die Herstellung flexibler metallischer Elemente verwendet werden kann.

Auf Basis einer prozessoptimierten Designanpassung kann die Flexibilität der Elemente nahezu beliebig für jeden Kundenwunsch ausgelegt und gleichzeitig Stützkonturen vermieden werden. Das Design bietet zahlreiche Chancen für industrielle Anwendungsfälle zur Bewegungsaufnahme, Schwingungsentkopplung oder dem Leiten von Medien.

Geeignete Anwendungsfälle und Design Modifikationen

Flexible metallische Elemente basieren auf dünnwandigen Metallbälgen, die einen wellenförmig wechselnden Durchmesser haben. Die Geometrie der meist mehrwelligen, eingeschränkt variablen Metallbälge ist dünnwandig und komplex. Im Vergleich zu vielen anderen Bauteilen führt das zu hohen spezifischen Kosten von bis zu 250 € pro Kg, was es auch aus kommerzieller Sicht interessant für die additive Fertigung macht.

Dennoch wurde die Herstellung flexibler Elemente mittels additiver Fertigung bis dato kaum verfolgt. Zentrale Gründe dafür sind die Notwendigkeit einer Vielzahl von Stützkonturen der -zumeist kreisrunden- Metallbälge. Darüber hinaus weisen additiv hergestellte Bauteile wegen des Schmelzprozesses und der resultierenden raueren Oberfläche sprödere Werkstoffeigenschaften auf.

Aus diesem Grund wurde eine Designoptimierung für den additiven Fertigungsprozess vorgenommen, um Stützkonturen zu vermeiden und die Gestaltung der Metallbälge so flexibel zu gestalten, dass die genannten Nachteile ausgeglichen und weitere funktionale Vorteile realisiert werden können.

Designlösung und –potenziale

Die wesentliche geometrische Änderung zur Anpassung an die additive Fertigung ist die nicht-kreisrunde Ausführung des Metallbalgs. Die grundlegenden additiven Konstruktionsrichtlinien ermöglichen eine Hüllkurve in Form einer Raute mit Seitenwinkeln von ca. 40°. Das flexible Element wird liegend und um 45° gedreht aufgebaut (Bild 1a). Damit ergeben sich zylindrische bis rechtwinklige Balgquerschnitte. Stützkonturen werden mit Ausnahme punktueller Fixierungen an den am Pulverbett aufliegenden Außenkonturen der Wellen vollständig vermieden.

Dank dieser geometrischen Gestaltung und der Aufbauweise ergeben sich zahlreiche Freiheiten zur Gestaltung des flexiblen Elements. Die Flexibilität und Dimensionen jedes einzelnen Balgs eines flexiblen Elements können individuell ausgelegt werden (Nennweite, Balghöhe und – breite, Wandstärke, Balgprofil). Dadurch können z.B. die – beliebig gestaltbaren – Flanschenden mit unterschiedlich großen Nennweiten ausgelegt werden und ein mehrwelliger Metallbalg muss nicht geradlinig hergestellt werden sondern kann auch entlang einer gebogenen Leitkurve aufgebaut werden (Bild 1b).

Bauteileigenschaften und Funktionaler Nachweis

Die Entwicklung des Designs umfasste mehrere Iterationsschleifen, die kontinuierlich von FEM-Simulationen sowie Komponenten- und Prototypenversuchen begleitet wurde. Die technischen Eigenschaften des validierten flexiblen Elements sind in Bild 2a dargestellt.

Die als Randbedingungen vorgegebenen Dimensionen des Bauteils in Bezug auf den Außendurchmesser und die Balglänge orientieren sich an einem konventionell hergestellten flexiblen Elements, das als Vergleichsobjekt zum funktionellen Nachweis diente. Dieses ist für eine Nennweite DN 50 ausgelegt und bringt auf einer Länge von 60mm zwischen den angeschweißten Rohrenden 7 Bälge mit einer Balghöhe von ca. 10mm unter.

Der Innenquerschnitt der additiven hergestellten flexiblen Elemente beträgt 38x38mm um eine vergrößerte Balghöhe von 18mm zu realisieren. Die Balglänge entspricht der des konventionell hergestellten. Das flexible Element besteht aus 9 Bälgen und einer Wandstärke von 0,6mm. Das Gewicht des flexiblen Elements inkl. der Flanschgeometrien für den Prüfstandsaufbau beträgt 280g.

Zielsetzung des Versuchs war die zulässige Auslenkung des konventionell hergestellten flexiblen Elements von +/- 10mm für 1.000 Zyklen schadenfrei zu realisieren. Getestet wurden 3 Prüflinge, zwei additiv- und der konventionell hergestellte (Bild 2b).

Sowohl der konventionelle als auch die beiden additiv hergestellten Prüflinge überstanden 1.000 Zyklen unbeschadet. Der Versuch lieferte reproduzierbare Ergebnisse, die im Einklang zu den vorausgegangenen FEM-Simulationen stehen. Zusätzlich wurde ein additiver Prüfling anschließend mit +/-15mm Auslenkung über 1.000 Zyklen erfolgreich getestet (Bild 3a). Die über die Auslenkung gemessenen Kräfte sind in Bild 3b im Kraft-Weg-Diagramm abgebildet. Zu erkennen sind die Hystereseschleifen eines additiven Prüflings jeweils für +/-10mm und +/-15mm sowie für den konventionellen Prüfling mit +/-10mm.

Die Hysterese fällt bei den additiven Prüflingen sehr gering aus (< 0,2mm bei +/-10mm) und sie ist symmetrisch zum Ursprung, d.h. jeweils nach Dehnung und nach Stauchung liegt eine gleich große Abweichung vor. Beim konventionellen Prüfling ist die Hysterese nach vollständigem Dehnungs-Stauchungs-Zyklus sehr gering, analog zu den additiven. Nach der Dehnung liegt eine Verformung von ca. 3mm vor.

Der Unterschied der Festigkeit resultiert aus der unterschiedlichen Balggestaltung und der unterschiedlichen Wandstärke und kann natürlich durch entsprechende Modifikation daran angepasst werden. Damit ist der erste funktionale Nachweis erbracht, flexible metallische Elemente additiv herzustellen.

Kommerzielle Bewertung und weitere Schritte

Das beschriebene additive flexible Element hat ein Volumen von 42 cm3. Somit betragen die Herstellkosten des Bauteils beispielsweise 126€ wenn man Herstellungskosten von 3 €/cm3 zugrunde legt. Mit kontinuierlicher Reduzierung der Herstellkosten aufgrund der Steigerungen der Prozeßgeschwindigkeiten, der zunehmenden Automatisierung und der Reduzierung der Pulverkosten werden die Herstellkosten sinken. Damit einher geht die Ausweitung möglicher, kommerziell interessanter Anwendungsfälle für additiv flexible Elemente.

Existierende Studien gehen z.B. von Herstellungskosten unter 1 €/cm3 aus, dementsprechend sinken die Kosten des getesteten flexiblen Elements auf unter 40€. Dennoch ist ein wesentlicher Vorteil, dass das additiv flexible Element individuell auf Kundenwünsche optimiert werden kann weil die wesentlichen technischen Attribute wie Balgdesign, Querschnitte, Wandstärke oder Leitkurve variabel gestaltbar und in Auftrags- oder Lizenzfertigung produzierbar sind. Diese Flexibilität ermöglicht auch die Erschließung anderer, neuer Anwendungsfälle wie z.B. duktile Spikes für Standlautsprecher im HiFi-Bereich.

In den nächsten Entwicklungsschritten werden weitere Dauerschwingversuche zur Validierung der Wöhlerlinie durchgeführt. Zusätzlich werden die Auswirkungen spezieller Oberflächen- und Werkstoffbehandlungen evaluiert.

Mehr zu Günter Kappler Engineering finden Sie hier.

Ein Gastbeitrag von Günter Kappler.