Axolotl Biosciences ebnet mit 3D-Bioprinting Weg in die Zukunft der regenerativen Medizin – Interview mit Dr. Stephanie Willerth

Axolotl Biosciences ist ein kanadisches Unternehmen, das sich auf die Bereitstellung sogenannter „Bioinks“ für das 3D-Bioprinting von menschlichen Gewebemodellen spezialisiert hat. Ihr Fachwissen liegt in der Entwicklung von Biotinten, die den Druck von menschlichem 3D-Gewebe unterstützen, insbesondere von Geweben, die durch die Differenzierung von Stammzellen entstehen. Axolotl Biosciences ist aus einer international anerkannten Forschungsgruppe an der University of Victoria hervorgegangen, wo Dr. Stephanie Willerth seit 2010 als Professorin tätig ist. Das Unternehmen wurde im März 2020 mit ihrer ehemaligen Doktorandin Dr. Laura Vega als einer der Mitgründerinnen aufgebaut. In einem Interview mit 3Druck.com erläutert Dr. Stephanie Willerth ihre Sichtweise zum Thema 3D-Bioprinting für Tissue Engineering und regenerative Medizin.

Regenerative Medizin und Tissue Engineering sind eng miteinander verbundene Bereiche, die sich mit der Wiederherstellung und Verbesserung der Funktion von lebendem Gewebe und Organen befassen. Die Gewebezüchtung ist ein wichtiges Instrument der regenerativen Medizin. Sie bietet die Technologie und Methodik zur Herstellung komplexer Gewebe und Organe, die dann zu therapeutischen Zwecken eingesetzt werden können.

Biotinte ist ein wichtiges Material für das 3D-Biodruckverfahren, bei dem komplexe biologische Strukturen und Gewebe Schicht für Schicht mit Hilfe von 3D-Drucktechnologien hergestellt werden. Bioink ist im Wesentlichen ein biokompatibles Material, das als Gerüst dient, um Zellen zu unterstützen und zu ernähren, die in eine bestimmte Form gedruckt werden. Dieses Material, das eine Mischung aus lebenden Zellen und einer gelartigen Substanz enthält, bietet eine Umgebung, die das Zellwachstum und die Zelldifferenzierung unterstützt, so dass die gedruckte Struktur mit der Zeit zu funktionellem Gewebe heranreifen kann. Die Eigenschaften der Biotinte sind von entscheidender Bedeutung, da sie genau abgestimmt sein müssen, um die Lebensfähigkeit der Zellen zu erhalten und die ordnungsgemäße biologische Funktion des gedruckten Gewebes zu fördern.

Das erste Produkt von Axolotl Biosciences, TissuePrint, kann für den Druck einer breiten Palette von Geweben aus menschlichen Zellen verwendet werden. Diese Technologie wurde von ACS Biomaterials Science and Engineering als eine der „Methods of the Year“ ausgewählt. Die auf Fibrin basierende Biotinte ist mit extrusionsbasierten Bioprintern kompatibel und erzeugt stabile und reproduzierbare 3D-Strukturen, die über einen Monat lang in Kultur bleiben können.

Das zweite Produkt des Unternehmens, BrainPrint, nutzt seine zum Patent angemeldete Mikrosphärentechnologie, um das Bioprinting von menschlichem Nervengewebe zu ermöglichen.

Interview mit Dr. Stephanie Willerth

In einem Interview mit 3Druck.com äußert sich Dr. Stephanie Willerth, Gründerin von Axolotl Biosciences, zur Rolle des 3D-Bioprinting im Tissue Engineering und der regenerativen Medizin, zu den bereits erzielten Fortschritten sowie den möglichen zukünftigen Anwendungen dieser vielversprechenden Technologie – von 3D-gedruckten Organen bis hin zur Raumfahrt.

Welche Bedeutung hat Ihrer Meinung nach das 3D-Bioprinting für den Bereich des Tissue Engineering und der regenerativen Medizin?

Dr. Stephanie Willerth

Das Bioprinting ermöglicht die Erzeugung von menschlichem Gewebe, das für Anwendungen wie Arzneimittelscreening und Gewebeersatz verwendet werden kann. Diese Technologie gewinnt zunehmend an Bedeutung, da die Regierungen dazu übergehen, die Verwendung von Tieren für die Evaluierung potenzieller Arzneimittelziele einzuschränken. Die jüngsten Fortschritte auf diesem Gebiet haben mich sehr ermutigt. Es war ein großer Erfolg, als 3DBio Therapeutics den Patienten 3D-gedruckte Ohren implantierte. 

Unsere Biotinten sind frei von Fremdstoffen, so dass sie zur Herstellung von Ersatz für krankes und beschädigtes Gewebe eingesetzt werden können. Meine Forschung hat auch gezeigt, wie unsere „intelligenten“ Biotinten, einschließlich des in Kürze erscheinenden Axolotl-Produkts BrainPrint, dazu verwendet werden können, Modelle von gesundem und krankem Nervengewebe zu drucken. Forscher können diese Gewebe dann verwenden, um Medikamente daraufhin zu untersuchen, ob sie den Zelltod auslösen oder die neuronale Signalübertragung hemmen. In unserem 2023 in der Zeitschrift Biolectronic Medicine erschienenen Artikel haben wir gezeigt, dass wir mit Zellen von Patienten, die an der Alzheimer-Krankheit leiden, Bioprint-Modelle erstellen können, was verdeutlicht, wie 3D-Bioprinting als personalisierter Ansatz in der Medizin funktioniert.

Wo stehen wir heute auf dem Gebiet des 3D-Drucks von Gewebe und Organen aus Ihrer Sicht?

Es gab einige wichtige Durchbrüche, darunter Ohren hergestellt im 3D-Bioprinting-Verfahren, die, wie ich bereits erwähnt habe, Menschen transplantiert wurden. Ich denke, dass die Technologie allmählich auf breiter Basis angenommen wird, auch von Kliniken. Unser Kooperationspartner – Aspect Biosystems – hat vor kurzem einen großen Vertrag mit NovoNordisk über die Erzeugung von Gewebe für die Behandlung von Diabetes unterzeichnet, und es ist ein gutes Zeichen, dass so große Investitionen in diese Technologie getätigt werden. Es gibt noch weitere Herausforderungen, wie z. B. die Integration von Blutgefäßen in 3D-biologisch gedruckte Konstrukte, so dass größere Organe gedruckt werden können, und die Erhöhung der Auflösung des Druckprozesses bei gleichzeitiger Erhaltung der Lebensfähigkeit der Zellen. 

Der 3D-Druck hat sich in den letzten Jahren ständig weiterentwickelt. Welche Innovationen oder technologischen Durchbrüche halten Sie für den medizinischen Sektor für besonders wichtig, insbesondere im Bereich des 3D-Bioprinting?

Die Entwicklung von Bioprintgewebe, das denselben Strukturen und Funktionen ähnelt, wie sie in vivo zu beobachten sind, wie z. B. bei unseren Nervengeweben, ist ein wichtiger Fortschritt. Der Nachweis, dass wir relevante biologische Vorgänge in vitro nachbilden können, ist ein großer Schritt nach vorn für dieses Gebiet. Eine weitere Herausforderung besteht darin, die große Anzahl von Zellen zu erzeugen, die für den Druck von physiologisch relevanten Geweben und Organen erforderlich sind. Daher habe ich die Fortschritte auf dem Gebiet der Bioreaktoren angesichts unseres Zellkulturbedarfs genau verfolgt.

Welche Auswirkungen wird das 3D-Bioprinting Ihrer Meinung nach in den kommenden Jahren auf den medizinischen Sektor und möglicherweise auf die Gesellschaft insgesamt haben?

Das 3D-Bioprinting ermöglicht die Herstellung von personalisierten Gewebemodellen, da diese Gewebe aus patienteneigenen Zellen hergestellt werden können. Damit eröffnet diese Technologie die Möglichkeit, personalisierte Ersatzgewebe und -organe herzustellen, zusätzlich zu den bereits erwähnten Möglichkeiten für das Medikamentenscreening. Ich denke, dass dies in den kommenden Jahren zu einer Bewegung hin zur personalisierten Medizin beitragen wird. Darüber hinaus wird der Trend dahin gehen, dass Krankenhäuser 3D-Bioprinting-Zentren einrichten, in denen potenzielle Behandlungsmöglichkeiten für Patienten geprüft werden.

Der andere große Bereich, in dem das 3D-Bioprinting ein enormes Potenzial hat, ist die Herstellung von 3D-gedrucktem Fleisch. Die Möglichkeit, Steaks oder Fisch zu erzeugen, ohne Tiere züchten zu müssen, ist eine interessante Art der Lebensmittelerzeugung. Dies hat auch Auswirkungen auf die Raumfahrt, da die Erzeugung von 3D-gedruckten Lebensmitteln aus Zellen längere Reisen im Weltraum erleichtern würde. 

Hier erfahren Sie mehr über Axolotl Biosciences.