“Ein Brustkorb und ein Schädelknochen zum Mitnehmen bitte” 3D-Druck in der Medizin #3 Implantate

3D-gedruckte Implantate haben die chirurgische Welt im Sturm erobert – vom Schädel bis hin zum Brustkorb. Stetig wird akribisch an neuen Materialien und Druckmethoden für neue, innovative Implantate geforscht.

In den letzten Jahren hat 3D-Druck so einiges in der medizinischen Welt verändert. Wo früher unmengen an Geld und viel Zeit investiert wurde, kann heute mithilfe eines 3D-Drucksystems kostengünstiger, genauer und schneller gearbeitet werden.

3D-gedruckte Implantate sind besonders anspruchsvoll und mit vielen Risiken verbunden, da sowohl das richtige Material als auch die genaue Passform von ausgesprochener Wichtigkeit ist. Auch auf die Ästhetik sollte wert gelegt werden, um dem Patienten ein sorgenfreieres Leben zu garantieren. Mit Hilfe von 3D-Druck, 3D-Bearbeitungs und Scanning Methoden wie CT und MRT, kann nun ein maßgeschneidertes Implantat für jeden individuellen Patienten hergestellt werden- egal wie kompliziert. Im Folgenden werden einige Beispiele “von Kopf bis Fuß” vorgestellt.

Schädel

Das amerikanische Unternehmen BioArchitects erzeugt 3D-gedruckte Schädelimplantate aus Titan, welche 2016 von der FDA zugelassen wurden. Die patientenspezifischen Titanimplantate werden auf 3D-Druckern der Firma Arcam AB, mithilfe des Electron Beam Melting (EBM) Verfahrens hergestellt. Das individuell maßgeschneiderte Design wird auf Basis von MRT oder CT Daten erstellt.

Schädel – Ein Spezialfall

Im Jahr 2015 wurde ein ganz besonderes Schädelimplantat für die 3-jährige Chinesin Han Han kreiert. Das Mädchen wurde mit Hydrocephalus (“Wasserkopf”) geboren und erhielt bei einer lebensrettenden OP ein 3D-gedrucktes Schädelimplantat, welches genau auf die außergewöhnliche Form des Hydrocephalus angepasst war. Basierend auf CT Aufnahmen wurde eine neue Schädeldecke für die 3-jährige Patientin modelliert und aus einer Titanlegierung am 3D-Drucker hergestellt. Das Implantat soll im Laufe der Zeit mit ihrem eigenen Knochen verwachsen.

Augenhöhle

Im Rahmen von Hilfsprojekten für Erdbebenopfer in Nepal, gelang es dem Oral- und Kieferchirurgen Shakir Mustafa mithilfe von 3D-Druck, die Augenhöhle (Orbita) einer jungen Frau wiederherzustellen. Unterstützt wurde er dabei von Renishaw plc, dem Maxillofacial Prothetik Labor im Krankenhaus Morriston und der PDR im Cardiff Metropolitan Hospital. Das Titan-Ti-MG1-Implantat wurde auf AM250-Druckern geschaffen.

Oberkiefer

Ein Team von australischen Chirurgen hat diesen April erfolgreich einen 3D-gedruckten Oberkiefer-Knochen in eine Patientin implantiert. Die gesamte Operation kostete nur etwa $ 8.000, was extrem wenig ist im Vergleich zu den zirka 100.000.000 € Kosten die bei vergleichbaren Operationen anfallen. Nach vielen Jahren und zahlreichen gescheiterten Operationen kann die Australierin wieder lächeln.

Luftröhre

Letztes Jahr wurden Luftröhren-Implantate entwickelt, die nicht nur individuell an die Anatomie angepasst werden, sondern auch „mitwachsen“ können. Das Material, aus dem die Schienen mittels Selective Laser Sintering Methode hergestellt wurden, ist der biologisch abbaubare Kunststoff Polycaprolacton (PCL). Die Implantate werden außerhalb der Luftröhre befestigt und halten so die Atemwege offen, danach werden sie vom Körper resorbiert.

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Lunge

Einem Ärzte-Team des CHU Spitals in Toulouse, Frankreich ist es in Zusammenarbeit mit Anatomik Modelling gelungen, einem lungenkranken Patienten ein 3D- gedrucktes, maßgeschneidertes Silikon-Tracheobronchialimplantat einzusetzen. Anatomik Modeling und die CHU-Ärzte sind überzeugt, dass ihr 3D-Airway Stent bis 2018 für die Kommerzialisierung bereit sein könnte.

Brustkorb

2015 erhielt ein 54-jähriger Krebspatient aus Spanien als erster Patient weltweit ein Brustkorbimplantat aus dem 3D-Drucker. Das Titanimplantat umfasste das Brustbein, sowie eine Konstruktion, die Teile der Rippen ersetzt. Anhand von CT-Aufnahmen wurde der Brustkorb passend zur Anatomie des Patienten modelliert und vom Lab 22 des australischen Forschungsinstituts CSIRO (Commonwealth Scientific and Industrial Research Organisation) hergestellt. Dabei kam eine $ 1,3 Millionen teuere Maschine des schwedischen Metall 3D-Drucker Herstellers Arcam zum Einsatz.

Brust

Ein französisches Projekt, genannt MAT (T) ISSE umfasst 3D-gedruckte, gewebeähnliche Gitterstrukturen zur Rekonstruktion von Brustgewebe für Brustkrebs-Patientinnen. Die Operationstechnik kombiniert Lipofilling mit 3D-Druck indem sie die Injektion von autologen Fettgeweben mit einem „resorbierbaren“ Implantat verknüpft. Das Implantat besteht aus einer 3D-gedruckten Schale und einem bio-resorbierbaren Gittergewebe, welches das Zellwachstum der Brust unterstützt. Die Schale des Implantats kann exakt an die Patientin nach Grundlagen eines MRT-Scans angepasst werden. Nach ihrer Implantation, kann das körpereigene Fett an die textilähnliche Struktur des Implantats gebunden werden, was eine natürliche Rekonstruktion fördert.

Wirbelsäule

Ein 3D-gedrucktes Wirbelimplantat gewann den ersten Platz im Johnson & Johnsons 2017 Engineering Showcase. Die Materialkosten betragen legedlich 8 Cent, da es aus Plastik besteht, in welches Stammzellen des Patienten eingebaut werden, die sich zu Knochenzellen entwickeln. Jedes Plastik-Wirbel-Gerüst kann spezifisch auf die Körperknochendichte des Patienten angepasst werden und ist ausgesprochen belastbar.

Knochen

Oxford Performance Materials Inc. (OPM) erhielt im Dezember 2016 ein Patent für ihre 3D-Knochenimplantate erhalten, die aus Polyether-Keton-Keton (PEKK) Pulver bestehen, das durch selektive Lasersinterung (SLS) behandelt und geformt wird. Das Material wird normalerweise für die Luft- und Raumfahrt, Industrie und in der Biomedizin angewendet. Mit dem spezialisierten SLS Prozess hat OPM, 3D-gedruckte, orthopädische und neurologische Implantate geschaffen, die spezialisierte Merkmale wie Radioluken enthalten. Ihre Knochen-ähnliche Struktur und eine deutlich strukturierte Oberflächentopographie machen die Implantate aus OPMs OsteoFab Reihe einzigartig.

Hüfte

Orthopädische Chirurgen am HELIOS Klinikum Hildesheim in Deutschland, haben ein 3D-Hüftimplantat aus Titan für eine 40-jährige, zypriotische Frau mit Hüftdysplasie gedruckt. Basierend auf Bildern aus einem CT-Scan, benutzte das medizinische Personal CAD–Software, um ein perfekt passendes, 3D-gedrucktes Implantat für Kesidi zu modellieren. Bei dem Herstellungsprozess wurde besonders darauf geachtet, dass das medizinische Gerät so bequem und schmerzfrei wie möglich sitzt, zum Beispiel wurde die Knochendichte von Kesidis Becken digital gemessen, um die geeignete Stelle für die Befestigung des Implantats zu finden.

Die Vorteile welche 3D-gedruckte, medizinische Implantate im Vergleich zu herkömmlichen Modellen bieten, veranlassen immer mehr Spitäler zur Implementierung eines 3D-Drucksystems in den Krankenhaus-Alltag. So können hoffentlich immer mehr Patienten von maßgeschneiderten Implantaten profitieren.