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Der 3D-Druck ist bereit für die Fertigungsbranche – aber ist die Branche auch bereit für den Wandel?

Bereits 2016 prophezeite das World Economic Forum, dass der Mehrwert der digitalen Transformation für unsere Gesellschaft und Wirtschaft branchenübergreifend bis 2025 die 100 Billionen USD-Marke knacken wird. Bereits zu dieser Zeit war uns bewusst, dass dies nur mit mutigen Innovatoren möglich ist, die gewillt sind, Grenzen zu überschreiten und Risiken einzugehen.

Autor: Paul Benning, HP Senior Fellow & Chief Technologist, 3D Printing & Digital Manufacturing, HP Inc.

Damals wie heute war und ist keine Branche besser als die Fertigung positioniert, um dieses Potenzial zu realisieren. Viele Branchen befinden sich heute an einem Wendepunkt. In den vergangenen Jahren wurde die 3D-Drucktechnologie – auch als Additive Manufacturing (AM) bekannt – vorrangig für die Produktion von Prototypen und im Hobby-Bereich eingesetzt. Die heutigen Systeme bieten die zehnfache Leistung bei der Hälfte der Kosten. Darüber hinaus ist der 3D-Druck eine der wenigen Technologien, mit deren Hilfe wirkungsvoll zahlreiche Herausforderungen von Unternehmen, Regierungen und Personen adressiert werden können – beispielsweise bei der Entwicklung nachhaltiger Lösungen, maßgeschneiderter Produkte oder strategischeren Lieferketten.

Die Dynamik in diesem Bereich ist groß: Immer mehr Fertigungsunternehmen setzen beim Design und der Produktion von Produkten, die bisher nicht möglich waren, auf den 3D-Druck – darunter menschliches Gewebe, spezifisch auf die Anatomie des Menschen zugeschnittene Prothesen und Implantate , oder seltene Autoteile oder Schuhe für individuelle Fußformen und Aktivitäten sowie künstliche Häuser, Drohnen und Roboter. Das ist die Zukunft.

Vom Prototyping zur Produktion

Aktuell befinden wir uns an der Schwelle zur vierten industriellen Revolution: Physische und digitale Technologien werden die Art und Weise, wie Unternehmen Produkte konzipieren, designen, produzieren, vertreiben und reparieren signifikant verändern. Dieser Paradigmenwechsel wird in der zwölf Billionen US-Dollar schweren Fertigungsbranche weltweit für Furore sorgen und komplette Lieferketten und Produktionsprozesse digitalisieren – auf diese Weise entstehen 133 Millionen neue Arbeitsplätze.

Um über das Prototyping hinauszugehen und die entstandenen Anwendungsszenarien alltagstauglich zu machen, muss sich die 3D-Druckbranche jedoch weiterentwickeln – beispielsweise durch die Entwicklung leistungsfähiger, neuer Designwerkzeuge, die Investition in Spezialmaterialien und die Adressierung der Qualifikations- und Skills-Lücke. Dabei ist der letzte Punkt der wahrscheinlich dringendste und könnte im Jahr 2020 einen signifikanten Fortschritt auf dem 3D-Druckmarkt anstoßen. Aktuell gibt es nicht genug qualifizierte Arbeitskräfte, um die von der Branche geschaffenen Arbeitsplätze zu besetzen. Um diese Lücke zu schließen, bedarf es vor allem der Kollaboration zwischen der Branche sowie Wirtschaft und Regierung. Darüber hinaus müssen Unternehmen bereit sein, über den Tellerrand hinaus zu denken.

Aufklärungsarbeit

Hochschulen und Universitäten sind entscheidende Akteure in der Zukunft des 3D-Drucks. Viele Bildungseinrichtungen investieren in 3D-Drucker sowie in die Erforschung neuer Möglichkeiten, um die alten und neuen Herausforderungen im Bereich Design und Fertigung zu adressieren.

Einige traditionelle Hochschulen bieten heute sinnvolle Designkurse rund um den 3D-Druck an. Diese Angebote können jedoch noch ausgebaut werden, um die Innovatoren der nächsten Generation noch besser auszubilden und vorzubereiten. Nur wenige Programme bieten umfassende Lehrpläne, die die Studenten auch mit der direkten Umgebung des 3D-Drucks – also Lieferketten, Wirtschaftsingenieurwesen, Design, Materialwissenschaft und Fertigung –vertraut machen. Laut einer kürzlich durchgeführten Studie von Deloitte Insights sind die Unternehmen der Fertigungsbranche aber gerade an Mitarbeitern interessiert, die diese verschiedenen Disziplinen miteinander vereinen können. „Wir brauchen keine typische CAD/AM Design-Person”, sagte beispielsweise ein Studienteilnehmer. „Wir benötigen jemanden, der die Physik, Software, Materialien und das kreative Denken rund um AM in ein neues Produkt integrieren kann.“

Um die Studenten auf die Karrieren von morgen vorzubereiten, müssen die Hochschulen bei ihren Programmen über die reinen Investitionen in Maschinen hinauszugehen und die nächste Innovationswelle fördern.

Neue Materialien und Designprozesse

Damit der 3D-Druck wirklich den Sprung vom Prototyping zur Produktion schafft, muss die Branche auch ihre Palette an 3D-Materialien erweitern und die Kosten für die Hersteller senken. Die Anbieter können dies jedoch nicht allein tun; vielmehr benötigen sie ein offenes Ökosystem aus Branchenführern, Unternehmern, Studenten und Akademikern, die alle zusammenarbeiten, um die nächste Generation von kostengünstigen und leistungsstarken Polymerpulvern in einer zuverlässigen und effizienten Lieferkette zu entwickeln. Für Metall- und Keramikpulverwerkstoffe gibt es beispielsweise bestehende Lieferquellen für die analoge Fertigung, die für den 3D-Druck angepasst und auf neue Materialien und Legierungen wie Edelstahl, Gold, Silber, Titan und andere additive Fertigungspulver erweitert werden können. Einige Ansätze für den 3D-Druck machen es darüber hinaus möglich, neue digitale Materialien zu erstellen, indem das Basismaterial voxelweise verändert wird – der Beginn einer neuen Ära in der Materialwissenschaft.

Gleichzeitig ergeben sich neue, vielversprechende Geschäftspotenziale: Laut einer aktuellen Reports and Data-Studie soll der Markt für 3D-Druckmaterialien bis 2026 auf fast sechs Milliarden US-Dollar ansteigen. Einige Unternehmen erleichtern angehenden Zulieferern bereits den Einstieg. HP verfügt beispielsweise über ein Material- und Anwendungslabor in Corvallis, Oregon, wo Materialpartner aktiv neue Materialien entwickeln, testen, zertifizieren und liefern.

Darüber hinaus wird aktuell der Weg für neue, moderne 3D-Druckdesignprozesse geebnet. Anfang dieses Jahres eröffnete HP die Türen ein neues 3D Printing and Digital Manufacturing Center of Excellence in Barcelona, Spanien. In der fast 14.000 Quadratmeter umfassenden Einrichtung (etwa so groß wie drei Fußballfelder) widmen sich Hunderte von Experten für 3D-Druck und digitale Fertigung der Optimierung und Integration von Produktionsprozessen in der additiven Fertigung.

Im Januar 2020 eröffnet HP ein neues Labor auf dem Campus der Technologischen Universität Nanyang mit über 50 Forschern als Teil eines gemeinsamen HP-NTU Digital Manufacturing Corporate Lab. Das 84 Millionen US-Dollar teure Labor wird Singapurs Vorstoß in Richtung Industrietransformation in den Bereichen digitale Fertigung und 3D-Drucktechnologien unterstützen und Projekte mit Schwerpunkt auf neue Materialien und Machine Learning umfassen.

Die Branche verfügt über die nötige Dynamik und die Mittel, um den 3D-Druck auf die nächste Ebene zu bringen und den Übergang von einem Nischenprototypen zu einem ernsthaften Produktionswerkzeug zu schaffen. Aber um dies zu erreichen, bedarf es mehr als nur Gesprächen. Führungskräfte aus Wirtschaft, der akademischen Welt und der Wissenschaft müssen die Potenziale erkennen, anders denken, bereit sein, Risiken einzugehen und Chancen zu nutzen, wenn sie sich bieten. Wenn das geschieht, werden wir sehen, dass der 3D-Druck sein lang gehegtes Versprechen einlöst.

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