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Individuelle Knochen- und Organmodelle aus dem 3D-Drucker

Seit längerem haben sich in der Medizin bildgebende Analyse- und Diagnoseverfahren, wie beispielsweise die Computertomographie (CT) zur Darstellung von Hartgewebe (z.B. Knochenstrukturen) und die Magnetresonanztomographie (MRT) sowie das Ultraschallverfahren (US) zur Darstellung von Weichgewebe (z.B. Organe) etabliert. Ähnlich den Generativen Fertigungsverfahren basieren diese Verfahren auf der schichtweisen Darstellung von Körpern oder Körperteilen und liefern damit nahezu alle benötigten Informationen zur Erstellung generativ gefertigter anatomischer Modelle.

Bilddaten, welche durch CT, MRT oder anderen Verfahren gewonnen werden, liegen meist im DICOM-Format vor und müssen durch eine spezielle medizinische Bildbearbeitungssoftware zum virtuellen, dreidimensionalen Modell aufgearbeitet werden. So können die Schichtinformationen z.B. aus CT-Aufnahmen nicht direkt von den Anlagen verarbeitet werden, da die Schichtdicken von 2 mm bis minimal 0,5 mm deutlich größer sind als die erforderlichen Rapid-Schichten. Des Weiteren müssen die relevanten anatomischen Strukturen aus dem Gesamtbild der Körperregion herausgearbeitet, inhaltlich zusammenhängende Flächen segmentiert und ein Oberflächenmodell konstruiert werden. Anschließend werden die Dateninformationen durch Spezialprogramme in das erforderliche STL-Format konvertiert oder durch heutige CT-Scanner und Bildanalysegeräte bereits als STL-Datensatz ausgeben. Das erzeugte virtuelle Modell wird als STL-Datensatz exportiert, durch die Druckanlage eingelesen und gefertigt.

Anhand der dargestellten Prozesskette wird schnell ersichtlich, dass es sich bei der Herstellung anatomischer Modelle um einen komplexen, interdisziplinären Prozess handelt. Hierzu bedarf es in den meisten Fällen der Zusammenarbeit von behandelnden Ärzten, Radiologen, Informatikern und Ingenieuren bzw. Technikern.

Der Nutzen patientenspezifischer Anatomiemodelle liegt vorrangig in der präzisen Planung komplexer medizinischer Eingriffe. Dies ermöglicht dem Chirurgen zum Beispiel die Anpassung von Implantaten und medizinischen Instrumenten. Aber auch die Kommunikation mit Kollegen und dem Patienten wird durch ein Individualmodell erleichtert.

Abb. 2: flexibles Herzmodell
Abb. 2: flexibles Herzmodell

Der Einsatz dieser Modelle trägt damit maßgeblich zur besseren Planung des operativen Eingriffes bei und hilft damit die Operationsdauer zu verkürzen sowie die Belastungen für den Patienten zu minimieren. Wirtschaftlich betrachtet können Eingriffe sehr effektiv gestaltet und darüber hinaus Komplikationen und Folgeeingriffe vermieden werden. Im Ergebnis lassen sich so kürzere Krankenhausaufenthalte erreichen und schlussendlich sogar die Kosten zur Herstellung der Modelle amortisieren.

Die MMM Medizinische Modellbau Manufaktur GmbH mit Sitz in Wildau bei Berlin ist als Dienstleister der Medizintechnikbranche mit ihrer AnatomX – Reihe speziell auf die Entwicklung und Fertigung patientenspezifischer anatomischer Knochen- und Organmodelle ausgerichtet.

Der Einsatz verschiedener Materialien gibt den Modellen eine nahezu lebensechte Haptik. Dies bedeutet, dass Knochenmodelle aus harten und Organmodelle aus flexiblem Material gefertigt werden. So lassen sich die Modelle mit den im Operationssaal vorhandenen Instrumenten realitätsnah bearbeiten.

Erste Ergebnisse aus der Anwendung der Modelle im klinischen Alltag bestätigen die Erwartungshaltung an generativ gefertigte Modelle. Das Klinikum Dahme-Spreewald war eines der ersten Kliniken das sich für die Nutzung der durch die MMM GmbH erstellten Modelle entschied.

“Für eine komplizierte Operation am Becken war der 3D-Druck der Patientendaten optimal, um zu prüfen, ob die Operation wie gedacht möglich ist”[1], erläutert Professor Dr. med. Michael Wich, Experte für Unfallchirurgie am Klinikum Dahme-Spreewald.

Da die 3D-Modelle die exakte knöcherne Situation im Maßstab 1:1 für den jeweiligen Patienten wiedergeben, konnten Implantate bereits vor der Operation angepasst werden. Die Behandlung wurde wie geplant erfolgreich durchgeführt und Arzt sowie Patient verbrachten ca. 20 Minuten weniger im Operationssaal.

Es wird dadurch aber auch deutlich, dass das Anwendungsgebiet nicht nur im klinischen Bereich liegt. Bereits heutzutage bilden anatomische digitale Modelle in der Medizintechnik die Grundlage für die Entwicklung patientenspezifischer Instrumente. „Wir liefern dem Unternehmen das digitale Modell des Patienten, auf dessen Basis ein individuelles Instrument – wie z.B. ein nicht ganz gerade verlaufendes Endoskop – hergestellt werden kann“, sagt der Geschäftsführer der MMM GmbH, Dr.-Ing. Marcel Pfützner. Zukünftig werden auf Basis patientenspezifischer Modelle Implantate und Instrumente ganz individuell auf den Patienten abgestimmt und gefertigt.

Zusammenfassend zeigt sich, dass Generative Fertigungsverfahren das Potential besitzen in bestimmten Bereichen der Medizin die bisherigen Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten entscheidend zu unterstützen und zu individualisieren.

Fachliche Information:
Prof. Dr. med. Michael Wich, Chefarzt, Abt. für Chirurgie – Unfallchirurgie und Orthopädie

Quellenangabe:
[1] Klinikum Dahme-Spreewald GmbH (2014): 3D-Druck für OP. Pressemitteilung vom 25.09.2014. Online im Internet: „Link [Stand: 18.12.2014]“.

 

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