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Weshalb 3D-Druck sein Potenzial noch nicht voll ausschöpft – Interview mit Torsten Wolschendorf von PROTOTEC

PROTOTEC wurde 1995 gegründet und zählt zu den Vorreitern der Additiven Fertigung in Deutschland. Mit fast 30 Jahren Erfahrung bietet das Unternehmen umfassende 3D-Druck-Dienstleistungen, die von der Prototypenentwicklung bis hin zur Serienfertigung reichen. Dabei kommt ein breites Spektrum an Technologien und Materialien zum Einsatz, um die spezifischen Anforderungen von Kunden aus den unterschiedlichsten Branchen zu erfüllen. In einem Interview mit 3Druck.com gibt Geschäftsführer Torsten Wolschendorf Einblicke in die Branche der Additiven Fertigung und weist dabei auch auf Bereiche hin, in denen zukünftig noch viel ungenutztes Potenzial zu finden ist.

Der besondere Mehrwert von PROTOTEC liegt in der Kombination aus langjähriger Erfahrung, individueller Beratung und der Fähigkeit, verschiedene Fertigungsverfahren effizient zu kombinieren. Diese Kombination ermöglicht es, hochwertige Prototypen und Kleinserien mit höchster Präzision und Effizienz herzustellen. Dabei greift das Unternehmen auf über 10 verschiedene 3D-Drucktechnologien und mehr als 70 Materialien zurück. Diese Flexibilität ermöglicht es, sowohl technologische Herausforderungen als auch spezifische Kundenanforderungen optimal zu lösen.

Neben der technologischen Vielfalt setzt das Unternehmen auf eine enge Zusammenarbeit mit seinen Kunden. Durch individuelle Beratung wird für jedes Projekt das optimale Material und Verfahren ermittelt. Besonders in der Übergangsphase vom Prototyp zur Serienfertigung zeigt das Unternehmen seine Stärke. Sobald ein Prototyp alle Anforderungen erfüllt, kann direkt in die Serienfertigung übergegangen werden.

Interview mit Torsten Wolschendorf

Im Interview mit 3Druck.com äußert sich Geschäftsführer Torsten Wolschendorf zur Rolle des 3D-Drucks im Prototypenbau und in der Serienfertigung und erläutert, wie PROTOTEC durch die Kombination verschiedener 3D-Druckverfahren und Materialien kundenspezifische Anforderungen erfüllt. Darüber hinaus beleuchtet er die etablierten Einsatzmöglichkeiten des 3D-Druck sowie das ungenutzte Potenzial, das durch eine optimierte Konstruktion für die Additive Fertigung weiter ausgeschöpft werden könnte.

PROTOTEC bietet ein sehr breites Spektrum an 3D-Druck-Technologien und -Materialien an. Welche Verfahren kommen häufiger zum Einsatz und welche bisher weniger verbreiteten oder neueren Technologien setzen Sie ebenfalls erfolgreich ein?

Torsten Wolschendorf, Geschäftsführer von PROTOTEC

Der Einsatz der genutzten Technologie richtet sich nach den Anforderungen der Kunden. Anders als reine Druckdienstleister, welche oft nur eine Technologie und wenige Materialien drucken, können wir kundenspezifische Anforderungen erfüllen. Durch die Auswahl von geeigneten Verfahren und Materialien ist es uns möglich, die gestellten Anforderungen entscheidend beeinflussen zu können.

Was wir sehen, ist dass wir immer mehr Resine (DLP, DLS, MSLA usw.) verdrucken. Aber das ist auch ein Bereich, den wir in den letzten Jahren stark ausgebaut haben. Aktuell ist der SLS 3D-Druck jedoch das am stärksten genutzte Verfahren. Auch in dem Bereich der SLS-Thermoplaste wollen wir weitere Materialien in unser Portfolio aufnehmen. Es gibt noch immer keine „eierlegende Wollmilchsau“ im 3D-Druck, mit der man alle Anforderungen erfüllen kann. Deswegen setzen wir auf eine große Portfolio-Breite. Diese Hilft uns Kundenanforderungen sehr genau und möglichst zu 100% umzusetzen. Denn genau das bringt nachher das Vertrauen für die Serienanwendungen. Wenn die Prototypen alle Tests bestehen und die Anforderungen erfüllen, dann ist der Schritt zur Serienfreigabe nicht mehr weit…

Welche Bedeutung hat Ihrer Meinung nach die Additive Fertigung speziell für die Herstellung von Einzelstücken und Kleinserien?

Im Bereich der Prototypen hat sich der 3D-Druck (nach rund 30 Jahren am Markt) fest etabliert. Da stellt niemand mehr die Technologie in Frage und dort ist sie auch nicht mehr wegzudenken.

Für Einzelteile ist der 3D-Druck, neben dem Fräsen, ebenfalls ein sehr beliebtes Verfahren. Hier wird meist auf Basis von Komplexität oder Kosten entschieden. Was hier aktuell jedoch fehlt ist, dass die Bauteile auch für die Additive Fertigung geplant und konstruiert werden. Oftmals werden Bauteile nach herkömmlichen und bekannten Design-Guides konstruiert. Das volle Potenzial von 3D gedruckten Einzelteilen wird so noch immer nicht gehoben. Aktuell ist es oft mehr eine Preisfrage, wenn der 3D-Druck genutzt wird. Da steckt für die Zukunft noch viel ungenutztes Potential drin.

Im Bereich von Kleinserien und Serien sieht es genau so aus. Meistens werden Bauteile nach anderen Verfahrenstechnologien designt und konstruiert, kommen dann jedoch wegen der kleinen Stückzahlen in den 3D-Druck, weil sich die Werkzeugkosten und Stückkosten, sowie den aktuellen Mengen als unwirtschaftlich und risikobehaftet darstellt. Das volle Potenzial vom 3D-Druck wird jedoch auch hier nur selten genutzt. Dabei wäre gerade für diese Bauteile eine deutlich wirtschaftlichere Fertigung möglich, wenn das Design von vornherein auch für den 3D-Druck optimiert worden wäre, anstatt es wie gewohnt unter den Design-Guides für Fräsen, Spritzguss oder ähnlichen Verfahren zu konstruieren.

Zusätzlich denken Unternehmen das Thema 3D-Druck noch nicht weit genug. Wenn die Prototypen alle Tests bestanden haben, gibt es im Produktlebenszyklus so viele Fälle, wo man einfach wieder auf den 3D-Druck zurück wechseln kann. Zum Beispiel am Produktlebensende, wo die Stückzahlen wieder sinken und der 3D-Druck mit kleinen Fertigungslosen und niedrigen Lagerbeständen punkten kann. Wenn das vorher sauber dokumentiert wurde, ist der Wechsel ganz schnell und einfach.

Oder bei Anlaufphasen von neuen Produkten, bei denen die genauen Verkaufszahlen und Stückzahl noch nicht abzusehen sind, ist der 3D-Druck superflexibel, hat eine geringe Kapitalbindung und verbessert die Liquidität von Unternehmen. Weiterhin lassen sich Verbesserungspotenziale oder Optimierungen, die kurz nach der Markteinführung bekannt werden, schnell und einfach umsetzen. Meist gibt es keinen Lagerbestand, der erst aufgebraucht oder verschrottet oder Werkzeuge die aufwendig angepasst und geändert werden müssen. Im 3D-Druck wird einfach nur kurz das 3D-Modell angepasst und schon geht die Produktion in der neuen Version direkt und unmittelbar weiter. Schneller geht es in keiner anderen Technologie.

Ich könnte noch so viele weitere Beispiele bringen, aber es würde ein ganzes Buch füllen. Wer da mehr wissen möchte, kann mich dazu gerne ansprechen.

Die Additive Fertigung hat in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht. Welche Innovationen oder technologischen Durchbrüche sehen Sie als besonders relevant für Ihre Anwendungsbereiche?

Die Materialentwicklung hat in den letzten Jahren große Sprünge gemacht. Die Materialien sind mehr an den verschiedenen Anforderungen des Marktes orientiert. Das aktuelle Problem ist jedoch, dass diese Materialien nicht genau so heißen, wie die bisherigen bekannten Serienwerkstoffe. Der 3D-Druck hat immer noch den „Ruf“ weg, dass die Bauteile nicht halten oder zumindest nicht so gut halten. Dabei können die gedruckten Teile teilweise an Stellen geometrisch so optimiert werden, dass diese sogar größere Belastungen aushalten. Diese geometrischen Anpassungen würden bei konventionell gefertigten Bauteilen sehr teuer. Im 3D-Druck hingegen, wegen der Geometriefreiheit, sind diese meist ohne großen Aufwand realisierbar.

Das, was ich noch sehe, ist dass einige 3D-Druck Technologien (Bsp. FDM) so günstig geworden sind, dass diese nun in den Unternehmen einfach angeschafft werden und noch nicht einmal als Investition angesehen werden. Man kauft diese einfach um damit ein wenig „rumzuspielen“ und zu schauen, wie das mit dem 3D-Druck so funktioniert und was man damit so alles machen kann. Das bringt den Markt weiter nach vorne, da immer mehr Unternehmen nun den 3D-Druck kennen lernen und immer mehr einen Nutzen sehen und sich mit dem Thema beschäftigen. Auch wenn es anfangs meist nur im Bereich der Prototypenerstellung und vielleicht noch im Bereich des Vorrichtungsbaus stattfindet. Aber das Interesse ist da und erreicht so langsam die Massen. Das wird der Branche in den nächsten Jahren helfen zu wachsen und sich als normale und etablierte Fertigungsmethode, neben der CNC-Bearbeitung, dem Spritzguss und anderen Technologien, einzureihen.

Ansonsten sehe ich aktuell, dass der Hype um den 3D-Druck so langsam vorbei ist und eine Ernüchterung eintritt. Jetzt wollen alle die echten Anwendungen und den echten Nutzen der Technologie sehen. Während des Hypes haben viele wie wild mit der Technologie rumgespielt (oder sogar phantasiert) und viele wurden durch falsche Erwartungen und Versprechungen enttäuscht. Es wurde zu viel versprochen und zu viel Hoffnung in den 3D-Druck gelegt, dass diese Technologie die zukünftige „eierlegende Wollmilchsau“ werden würde. Doch das ist weit gefehlt. Der 3D-Druck ist auch nur eine Technologie unter vielen. Sie hat wie alle anderen Ihre Vorzüge, aber auch Nachteile. Der 3D-Druck wird sich einfach neben den bestehenden Technologien einreihen und parallel oder, als Symbiose, gemeinsam mit anderen Technologien genutzt werden. Jede Technologie hat ihre eigenen Vorzüge für die entsprechenden Einsatz- und Anwendungsfälle und der 3D-Druck ist eine Variante daraus.

Welche Auswirkungen wird die Additive Fertigung Ihrer Meinung nach in den kommenden Jahren auf verschiedene Branchen und möglicherweise auf die Gesellschaft als Ganzes haben?

Mehr oder weniger ist dies schon in der vorangegangenen Frage beantwortet. Ich erwarte, dass in 5-10 Jahren der 3D-Druck genau so behandelt wird, wie heute beispielsweise die CNC-Technologie. Hier sehe ich viele Parallelen.

In einigen Jahren werden viele Unternehmen 3D-Drucker Inhouse haben, so wie diese heute auch CNC-Maschinen besitzen und nutzen. Und zeitgleich wird es etablierte 3D-Druck Dienstleister geben, welche dann die Überproduktion, große Aufträge oder nicht vorhandene Verfahren oder Materialien am freien Markt übernehmen. Genau so ist es heute schon mit der CNC-Technik. Auch wenn viele Unternehmen im Werkzeugbau CNC-Maschinen haben, so geben diese doch sehr viele Aufträge an externe CNC-Dienstleister ab. 

Zudem sehe ich aktuell zu viele Player auf dem Markt, die alle ein Stück des Kuchens abhaben möchten. Wenn man schaut, dass immer mehr Hersteller, Dienstleister und Reseller auf den Markt kommen, kann ich heute sagen, dass die nicht alle überleben werden. Nun muss sich entscheiden, welche Technologien und Unternehmen in Zukunft das größte Potenzial haben und die anderen werden höchstwahrscheinlich vom Markt verschwinden oder von anderen Unternehmen übernommen. Das Konsolidiert den Markt, macht diesen wieder übersichtlicher und für die verbleibenden Unternehmen auch wieder wirtschaftlicher. Denn nur gesunde Unternehmen haben dann auch wieder das Kapital vernünftig in Forschung und Entwicklung zu investieren und so gute und verbesserte Produkte und Dienstleistungen am Markt wieder anzubieten und so auf natürliche und gesunde Art zu wachsen.

Und so wird der Markt in den nächsten Jahren wachsen. Und wie bereits erwähnt wird der 3D-Druck sich neben den etablierten Verfahren positionieren. Aber nicht als ersetzende Technologie, sondern als ergänzendes Verfahren. Alle bestehenden Verfahren werden Ihre Existenzberechtigung haben und der 3D-Druck wird sich hier als weiteres Verfahren in die bestehenden Reihen eingliedern.

Hier finden Sie weitere Informationen zu PROTOTEC.

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