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Wie eine globale Krise ein 3D-gedrucktes Cello hervorbrachte – Interview mit Sensio CEO Jan Tobolík

Das tschechische Softwareunternehmen Sensio ist auf Informationssysteme spezialisiert, insbesondere für Kunst-Grundschulen und den B2B-Sektor. Im Jahr 2020 expandierte das Team in den Bereich 3D-Druck mit dem einzigartigen Projekt “MyCello“, einem 3D-gedruckten Cello, das internationale Aufmerksamkeit und zahlreiche Auszeichnungen erhalten hat. Basierend auf den Fortschritten in der 3D-Drucktechnologie entwickelt Sensio derzeit eine zweite Generation von MyCello mit verbesserten Funktionen. In einem Interview mit 3Druck.com gibt Geschäftsführer Jan Tobolík einen Einblick in die 3D-Druckbranche.

Was mit einer “verrückten” Idee begann, hat sich innerhalb von vier Jahren zu einem anerkannten Entwicklungs- und Produktionsunternehmen mit internationaler Reichweite entwickelt. Die Bemühungen des Teams wurden mit zahlreichen Auszeichnungen gewürdigt, darunter der Titel “Kreativstes Startup des Jahres 2022” und “Unternehmen des Jahres”. 

Gegenwärtig erfreut sich MyCello weltweiter Beliebtheit, mit einer bereits etablierten Niederlassung in Südamerika und Plänen zur Expansion nach Japan und in die USA. Das Team steht kurz vor dem Abschluss der Entwicklung der zweiten Generation von MyCello, genannt MyCello Premium, die im Vergleich zum ursprünglichen MyCello Basic deutlich verbesserte Funktionen bietet. Dieser Erfolg wird auch durch die rasche Entwicklung von 3D-Druckern unterstützt, welche die Entwicklung des Instruments selbst erheblich erleichtert.

Interview mit Jan Tobolík

Im Interview mit 3Druck.com erklärt Geschäftsführer Jan Tobolík, warum die Weiterentwicklung von 3D-Druckern entscheidend ist, um schnell und effektiv auf die Kundennachfrage reagieren zu können, und erzählt, wie eine globale Krise den Grundstein für eine Erfolgsgeschichte legte.

Welche Bedeutung hat Ihrer Meinung nach die Additive Fertigung für Unternehmen, die Ihre Dienstleistung in Anspruch nehmen?

Jan Tobolík, Bild: Sensio

Die Additive Fertigung bietet unseren Kunden eine einzigartige Flexibilität bei der Reaktion auf Marktveränderungen und bei ihren eigenen Produkten. Sie ermöglicht ihnen die schnelle Umsetzung von Änderungen mit nur geringfügigen Anpassungen der Konstruktionsdaten, was zu einem schnellen Prototyping und einer Produktion mit aktualisierten Spezifikationen führt. Dieser Ansatz maximiert die Effizienz und minimiert den Zeit- und Kostenaufwand, der mit herkömmlichen Fertigungsverfahren verbunden ist. 

Ein Paradebeispiel für diesen Ansatz ist unser jüngstes Projekt: die Entwicklung einer 3D-gedruckten E-Gitarre. Dieses ehrgeizige Projekt ist der Beweis für unsere Bemühungen, die Grenzen von Hobbyprojekten und klassischen Gitarren aus dem 3D-Drucker zu überwinden. Unser Fokus auf Designgenauigkeit und Ähnlichkeit mit bestehenden Modellen ermöglicht es den Kunden, identische Repliken ihrer Lieblingsdesigns zu erhalten und damit die Möglichkeiten der Additiven Fertigung in neue, spannende Bereiche zu erweitern. 

Die Additive Fertigung hat sich in den letzten Jahren kontinuierlich weiterentwickelt. Welche Innovationen oder technologischen Durchbrüche halten Sie als Dienstleister für besonders wichtig?

Unsere Arbeit an Projekten wie der 3D-gedruckten E-Gitarre unterstreicht die Bedeutung von Innovationen im Bereich des 3D-Drucks. Der Übergang von Hobbyprojekten zu voll funktionsfähigen, designgetreuen Repliken traditioneller Instrumente erfordert eine kontinuierliche Weiterentwicklung von 3D-Drucktechnologien, Materialien und Modellierungssoftware. Diese Innovationen zeigen nicht nur die Grenzen dessen auf, was mit dem 3D-Druck erstellt werden kann, sondern bieten unseren Kunden auch neue Möglichkeiten zur Personalisierung und Innovation ihrer Produktlinien. 

Die fortlaufende Entwicklung von 3D-Druckern ist ein Schlüsselfaktor, der unsere Fähigkeit beeinflusst, schnell und effizient auf Kundenwünsche zu reagieren. Innovationen wie Systeme mit mehreren Druckköpfen oder Filamentspulen, die den Druck von mehrfarbigen Objekten aus verschiedenen Materialien ermöglichen, sind entscheidend.

Diese Technologien ermöglichen es uns, Teile aus verschiedenen Materialien wie PETG und PCCF zu drucken, was den Produktionsprozess erheblich vereinfacht, da zeitaufwändige Nachbearbeitungen wie Kleben und andere Fertigstellungsarbeiten entfallen. Diese Effizienz und Flexibilität verbessern nicht nur die Qualität und Funktionalität des Endprodukts, sondern verkürzen auch die Zeit, die erforderlich ist, um eine Idee in ein fertiges Produkt zu verwandeln, was uns einen erheblichen Wettbewerbsvorteil verschafft. 

Erst Corona und die nun hohe Inflation stellen die gesamte Branche vor große Herausforderungen. Wie wirken sich die verschiedenen Krisen Ihrer Meinung nach auf die Additive Fertigung aus?

Die COVID-19-Pandemie stellte viele Unternehmen vor große Herausforderungen, aber für uns war sie auch ein Anstoß für Innovationen und die Erschließung neuer Geschäftsfelder im Bereich des 3D-Drucks. Inspiriert durch die Geschichte von Josef Průša, der zu Beginn der Pandemie in Tschechien 3D-gedruckte Gesichtsschutzschilde verteilte, kauften wir unseren ersten 3D-Drucker, MK3S, von seinem Unternehmen. Obwohl er erst nach dem Ende der ersten Pandemiewelle eintraf, vertiefte sich unser Interesse am 3D-Druck in dieser Zeit und wir entdeckten die Möglichkeit, Musikinstrumente zu drucken. Diese Entdeckung war für uns entscheidend, da einer unserer Mitarbeiter, Ondřej, ein Cellist, nach einer Möglichkeit suchte, zu Hause zu spielen, ohne die Nachbarn zu stören, was uns schließlich zur Entwicklung des MyCello-Projekts inspirierte.

Unser Weg in die Welt des 3D-Drucks zeigt, dass Unternehmen auch in Krisenzeiten Möglichkeiten finden können, neue Geschäftsfelder und Innovationen zu entwickeln. Diese Anpassungsfähigkeit und die Fähigkeit, auf veränderte Situationen zu reagieren, haben uns nicht nur in schwierigen Zeiten über Wasser gehalten, sondern auch die Tür zu neuen Marktchancen und zur Erweiterung unseres Dienstleistungsportfolios geöffnet.

Welche Auswirkungen wird die Additive Fertigung Ihrer Meinung nach in den kommenden Jahren auf verschiedene Branchen und möglicherweise auf die Gesellschaft insgesamt haben?

Wenn ich darüber nachdenke, was die Zukunft des 3D-Drucks bringen wird, dann bin ich mir nicht nur sicher, welche Rolle die Automatisierung und die effizientere Materialnutzung spielen werden. Ich sehe bereits, dass die Integration von künstlicher Intelligenz (KI) den gesamten Prozess noch weiter voranbringen könnte. Stellen Sie sich vor, dass KI nicht nur dabei hilft, Entwürfe für den 3D-Druck im Hinblick auf Materialeffizienz und Konstruktionsqualität zu optimieren, sondern auch in der Lage ist, potenzielle Produktionsprobleme vorherzusehen und zu beheben, bevor sie auftreten. Die Automatisierung der Nachbearbeitung, bei der KI die Nachbearbeitung mit minimalem menschlichem Eingriff übernimmt, könnte den gesamten Produktionsprozess erheblich beschleunigen und die Kosten senken.

Auf der anderen Seite eröffnet die Dezentralisierung der Produktion und die Verkürzung der Lieferketten durch die Möglichkeit, bedarfsorientiert in der Nähe des Endverbrauchers zu drucken, die Tür zu einer wesentlich widerstandsfähigeren und nachhaltigeren Produktion. Mit Hilfe von KI könnten wir die Verteilung digitaler Bestände effizient verwalten und Fertigungsaufträge automatisch den am besten geeigneten Produktionspartnern auf der Grundlage von Standort, Kapazität und Fähigkeiten zuweisen. Dies würde nicht nur die Logistik vereinfachen, sondern auch dazu beitragen, die CO₂-Emissionen zu reduzieren, indem Teile dort hergestellt werden, wo sie tatsächlich benötigt werden. Insgesamt verspricht die Integration von künstlicher Intelligenz in den 3D-Druck nicht nur eine Rationalisierung der Produktion, sondern auch die Unterstützung einer nachhaltigeren Industrie mit geringeren Auswirkungen auf unsere Umwelt.

Hier finden Sie weitere Informationen über Sensio.

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