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Benjamin Schwab, Co-Founder und CMO bei FACTUREE im Interview

FACTUREE ist ein Online-Fertiger aus Deutschland, der u.a. bei der Produktion auf additive Fertigung setzt. Das Unternehmen wurde 2017 gegründet und hat mittlerweile ein Produktionsnetzwerk von rund 2.000 Partnern aus nahezu allen Bereichen, darunter CNC-Bearbeitung, Blechbearbeitung, 3D-Druck und Oberflächentechnik. Wir führten ein Interview mit Benjamin Schwab, Co-Founder und CMO bei FACTUREE.

Ihr Unternehmen nennt sich „FACTUREE – Der Online-Fertiger“. Was bedeutet Online-Fertigung für Sie genau?
Wir haben uns im Jahr 2017 gefragt, wie man die Beschaffung von Zeichnungsteilen einfacher und schneller gestalten kann – einfach zeitgemäßer. Die Antwort ist die Online-Fertigung. Der Schlüssel ist Unabhängigkeit. Daher basiert unser Konzept auf Digitalisierung, Automatisierung und Vernetzung. Das bedeutet: Wir haben ein Produktionsnetzwerk von rund 2.000 Partnern aus nahezu allen Bereichen, darunter CNC-Bearbeitung, Blechbearbeitung, 3D-Druck und Oberflächentechnik, aufgebaut. Wir bieten heute das breiteste Fertigungsspektrum im Markt.

Für jedes Projekt wählen wir KI-gestützt den am besten geeigneten Fertiger im Hinblick auf Qualität, Preis und Lieferzeit aus. Der Anfrageprozess ist teilautomatisiert und erfolgt somit mit schneller Angebotserstellung. Der Endkunde hat einen niedrigschwelligen Zugang, das heißt, keine Systemintegration, keine Teilnahmekosten oder Registrierung. Es entfällt für ihn die Zuliefersuche, -qualifizierung und das -onboarding.

Unsere Kunden erhalten alles aus einer Hand. Sie haben nur uns als Schnittstelle und alleinigen Vertragspartner. Verantwortliche im Einkauf werden also maximal entlastet und können sich auf andere Aufgaben fokussieren.

Was unterscheidet FACTUREE von den Marktbegleitern?

Allein unsere Geschichte unterscheidet uns schon von den Mitbewerbern. Wir starteten bereits 2017 als echter Early Mover in der DACH-Region aus dem Wohnzimmer heraus und verzeichnen nun einen achtstelligen Umsatz – und zwar ohne Investoren. Das bedeutet, wir sind komplett eigenfinanziert und setzen auf schnelles, aber solides Wachstum. Das verschafft uns eine stabile Position im Markt.
Darüber hinaus differenzieren wir uns durch unsere Leistungen. Dadurch, dass wir gleich am Anfang gezwungen waren, unsere begrenzten Ressourcen effizient einzusetzen, sind wir konsequent auf die Kundenbedarfe ausgerichtet. Das steckt heute in unserer DNA. Neben dem schon erwähnten breitesten Fertigungsspektrum im Markt bieten wir aktuell auch die besten Preise von allen Online-Fertigern. Wir können dies unter anderem umsetzen, weil wir große Volumina bei den Fertigern abnehmen und den für den jeweiligen Auftrag am besten geeigneten Anbieter in Bezug auf Preis-Leistung auf Basis smarter Algorithmen auswählen. Zudem geben wir Preiserhöhungen nicht an unsere Kunden weiter.

Ein weiterer Vorteil in dem Zusammenhang ist, dass wir zum Beispiel kein Instant-Pricing betreiben. Um bei konkurrierenden Instant-Pricing-Tools einen Preis zu erhalten, müssen alle relevanten Informationen manuell von der anfragenden Person in eine Eingabemaske übertragen werden. Das bedeutet einen sehr zeitintensiven Vorgang. Der schnelle Erhalt eines Angebots geht also auf „Kosten“ eines erhöhten Aufwands auf Kundenseite. Hinzu kommen auch nominal höhere Kosten durch Sicherheitspuffer. FACTUREE hingegen betrachtet und optimiert die tatsächlich vom Anwender für die Anfrage aufgewendete Zeit.

Wir bieten dabei eine Angebotsgültigkeit von 14 Tagen, die wir auch bei angespannter Marktlage beibehalten können. Nach Eingang der Anfrage erfolgt das Angebot oft noch am selben Tag – garantiert jedoch innerhalb von 48 Stunden. All diese Vorteile schätzen unsere Kunden aus unterschiedlichen Branchen, wie zum Beispiel aus Industrie (Siemens, Parker Hannifin, Festo, Freudenberg) und internationaler Spitzenforschung (CERN).

Sie sprechen von einem breiten Fertigungsspektrum. Welchen Stellenwert hat Additive Fertigung bei FACTUREE?

Die Vorteile der additiven Fertigung liegen auf der Hand: Es lassen sich vor Ort Teile genau dann herstellen, wenn sie benötigt sind. Lieferengpässe können so umgangen werden. Die Just-in-time-Produktion führt zudem zu Einsparungen, zum Beispiel von Lagerkosten. Teile lassen sich chargenseitig bei Bedarf mittels 3D-Druck herstellen und beispielsweise Ersatzteile müssen nicht bevorratet werden.
Aktuell spielen additive Fertigungsverfahren jedoch noch eine untergeordnete Rolle bei unseren Industriekunden. FACTUREE eröffnet Unternehmen aber einen Zugang zur additiven Fertigung und deren Vorteilen. Der Bereich 3D-Metalldruck wird bei uns aktuell stark ausgebaut.

Wenn Interessenten bei uns Bauteile anfragen, die eigentlich als CNC-Teile konzipiert waren, jedoch kostengünstiger im 3D-Verfahren gedruckt werden können, weisen wir sie auf diese Möglichkeit hin und bringen sie so häufig erst in Kontakt mit additiver Fertigung. So fördern wir die Akzeptanz. Die additive Fertigung stellt für uns jedoch keine Generallösung dar. Es muss immer individuell über das richtige Verfahren entschieden werden.

Eignen sich Ihre Dienstleistungen zur Erhöhung der Supply-Chain-Resilienz für Unternehmen und welche Rolle spielt darin der 3D-Druck?

Ja, definitiv. Denn indem wir für die Aufträge unserer Kundschaft aus einer Vielzahl an Fertigungspartnern auswählen können, besteht keine Abhängigkeit von einzelnen Lieferanten oder beeinträchtigten Lieferketten. Das zeigt sich besonders in Krisensituationen, wie sie die Corona-Pandemie und der Russland-Ukraine-Krieg verursacht haben. Wir können uns an aktuelle Gegebenheiten schnell anpassen, indem wir zum Beispiel Fertigungskapazitäten umverteilen. Wir sind daher immer lieferfähig. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass wir die Lieferketten unserer Kunden sichern und sie somit resilienter machen.

Der 3D-Druck spielt dem in die Karten, denn er ermöglicht es, Teile und Komponenten – auch maßgeschneiderte Lösungen und Spezialanfertigungen – on demand und in kleineren Stückzahlen herzustellen. Das verringert die Abhängigkeit von standardisierten Komponenten und eröffnet große Agilität und Flexibilität.

Die digitale Wertschöpfungskette ist in aller Munde. Was verstehen Sie genau darunter und welche Rolle spielt darin die additive Fertigung?

Die digitale Wertschöpfungskette lebt durchgängig digitale Prozesse. Es kommen dabei entsprechende Technologien zum Einsatz, um Waren und Dienstleistungen zu produzieren, zu verkaufen und zu liefern. Unser Konzept der Online-Fertigung setzt ebenfalls auf dieses Prinzip und schafft intelligente, vernetzte Prozesse in der Beschaffung. Eines der wesentlichen Ziele neben der Reduzierung von Abhängigkeiten von Insellösungen ist dabei die Prozessoptimierung entlang der Lieferkette: es gilt, Arbeitsabläufe schneller und flexibler zu machen.
Und an dieser Stelle kommt die additive Fertigung ins Spiel. Sie ermöglicht es, Teile und Produkte effizient zu produzieren. Das betrifft auch die zunehmend gefragten individuellen Teile, Kleinserien und Einzelstücke.

Die additive Fertigung eröffnet zudem Möglichkeiten, um neue Geschäftsmodelle zu generieren. Das Ergebnis sind zum Beispiel Dienstleistungen, welche eine digitale Wertschöpfungskette unterstützen. Beispielsweise durch die Ausrichtung des Ersatzteilmanagements auf 3D-Druck ergeben sich Vorteile wie die Reduzierung von Lagerkosten und die schnellere Beschaffung von Ersatzteilen.

Immer mehr Unternehmen setzen auf Agile Manufacturing. Wie können Ihre Services derartige Bestrebungen unterstützen?

Die agile Fertigung bedient sich flexibler Produktionspraktiken, um schnell auf veränderte Marktbedingungen bzw. Kundennachfrage reagieren zu können. FACTUREE setzt genau auf dieses Prinzip und ist daher der optimale Zulieferer für agil produzierende Unternehmen. Wir können on demand fertigen und extrem kurze Lieferzeiten gewährleisten. Denn durch unser großes Fertigungsnetzwerk verfügen wir immer über freie Kapazitäten. Rund 15.000 Maschinen stehen konstant für Projekte bereit. Somit sind unsere Kunden auch bei sehr kurzfristigem Bedarf wendig und handlungsfähig.

Kann FACTUREE Unternehmen dabei helfen, nachhaltiger zur agieren?

Ja. Unser Konzept der Online-Fertigung ermöglicht zum einen die Produktion von Bau- und Ersatzteilen auf Nachfrage, was eine Überproduktion und damit eine Verschwendung von Ressourcen vermeidet.

Und durch den Einsatz von Verfahren wie 3D-Druck können Ressourcen geschont sowie Energie- und Transportbedarfe reduziert werden. Da Bauteile und Produkte auf diese Weise schneller und effizienter produziert werden, führt dies zu einem geringeren Energieverbrauch sowie zu weniger Ausschuss und Abfällen.

Darüber hinaus übernehmen wir ökologische Verantwortung, indem unsere europaweite Express-Lieferung der Waren komplett klimaneutral erfolgt. Denn alle beim Versand anfallenden C02-Emissionen werden vollständig kompensiert. Dies setzen wir in Zusammenarbeit mit South Pole, einem der weltweit führenden Dienstleister für Klimaschutzprojekte, um. Dabei werden nachweislich wirksame Projekte (Gold-Standard zertifiziert) gefördert. Ein Beispiel ist das Prony-Klimaschutzprojekt, das Windfarmen in Neukaledonien aufbaut.

Können Unternehmensnetzwerke wie FACTUREE dabei helfen, Teile der Produktion wieder nach Europa zu holen?

Wir sind in vielen Ländern tätig. Und haben vor Ort entsprechende Fertigungskapazitäten. So auch in großem Umfang in Deutschland und Europa. Damit sind kurze Wege gewährleistet. Die Vorteile der Online-Fertigung liegen nicht nur auf Kundenseite, sondern wir stärken auch die hiesige Produktion. Viele unserer Fertigungspartner kommen aus Europa und arbeiten mit uns zusammen, weil sie sich nicht mehr von den Grenzen der konventionellen Modelle der Lohnfertigung einschränken lassen möchten oder können. Indem sie sich unserem Produktionsnetzwerk anschließen, haben sie einen starken Multiplikatoreffekt und erhalten maßgeschneiderte Anfragen ohne Streuverluste. Online-Fertigungsplattformen sind daher für alle Beteiligten ein wichtiges Zukunftsmodell.

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