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ocanom GT Racer: 3D-gedruckter Sattel für ein Café Racer

In diesem Gastbeitrag stellt Luigi Monaco, Unternehmer aus Aschaffenburg mit einem Fokus auf 3D-Druck in Kunststoff, ein innovatives Projekt vor: die Entwicklung des “ocanom GT Racer” Sattels für seine Triumph Speed Twin. Dieser Beitrag beleuchtet, wie Monaco durch individuelle Anpassungen und den Einsatz 3D-Drucktechnologien ein Problem der Sitzergonomie bei Café Racern adressiert und eine maßgeschneiderte Lösung schafft, die Komfort und Design vereint.

Mein Privatprojekt startete im Sommer 2021, als eine längere Fahrt auf meiner Triumph Speed Twin zu einem Freund unerwartete Herausforderungen brachte – Schmerzen zwangen mich, die letzten 100 Kilometer stehend zu überwinden. Trotz Versuchen, durch Aufpolstern Abhilfe zu schaffen, blieben die Beschwerden. Die Suche nach Ursachen führte zu keinem eindeutigen Ergebnis, doch es wurde klar, dass die Sitzergonomie nicht optimal war. Die Sitzbänke von Café Racern sind oft schmal, was zwar dem Design zugutekommt, jedoch auf Kosten des Komforts geht. Da der Zubehörmarkt keine passenden Lösungen bot, sah ich mich gezwungen, selbst eine Lösung zu finden.

Um die Probleme mit der Druckverteilung aufgrund des schmalen Sattels während der Testfahrten zur Findung der optimalen Sitzposition zu umgehen, entschied ich mich für einen breiter geformten Sitz aus dem Chopper-Segment, der eine 3-Punkt-Aufnahme bietet. Um Sitzhöhe und Neigungswinkel flexibel anpassen zu können, entwickelte ich eine spezielle Halterung für den Sattel, die auf einem Tamarit Suzuka Heckunterbau aufbaute und Anpassungen in X- und Y-Achse ermöglicht.

Gescannter Sattel, transparente Aufnahme zeigt X/Y Einstellmöglichkeit

Mit den durch die Testfahrten erlangten Erkenntnissen über die optimale Sattelposition und -neigung konnte ich eine solide Grundlage für das finale Design schaffen. Besonders aufschlussreich war die Entdeckung, dass die Sitzmulde bei Beschleunigungen ideal funktioniert, der vordere, schmal zulaufende Teil jedoch beim Bremsen keine Stützfunktion bietet und Unbehagen verursacht. Diese wertvollen Einsichten mündeten in der Erstellung eines neuen Scans des Motorrads, einschließlich Tank und Unterbau, der als Basis für die finale Designentwicklung diente.

Im nächsten Schritt wurde in Autodesk Inventor mit der Skizzierung der grundlegenden Linienführung begonnen, die anschließend zu einem Solid geformt wurde. Die Gestaltung der Front- und Heckabschlüsse basierte auf dem Scan, der in Rhino und mit Mesh2Surface in Oberflächen umgewandelt wurde. Diese wurden verdickt, zum Solid transformiert und schließlich mittels einer Booleschen Operation vom Hauptkörper subtrahiert. Das gesamte Design wurde auf einer symmetrischen Hälfte umgesetzt, die dann gespiegelt und abschließend mit Rundungen versehen wurde, um die finale Form zu perfektionieren. Die Bemaßungen auf den Spline Kurven der Erhebungen ermöglichen eine iterative Optimierung nach jedem Druck und Testfahrt.

Erhebungsgeometrie, fein korrigierbar.

Gedruckt wurden die bis jetzt insgesamt 5 Sattel auf einem CreateBot D600 Pro2 den ich im November letzten Jahres direkt in China bestellt hatte. TPU hat noch ein kleines Problem gemacht wofür ich ein kleines SLS Teil herstellte das die Filamentführung nach dem Antrieb vor dem Extruder in axiale Flucht zwingt. Vielen Dank an dieser Stelle an CreateBot die mir sogar die STEP Datei des Kopfes zusandten, wodurch mir viel Arbeit erspart blieb. Ein Druck benötigt ca. 3 Tage und ca. 2kg Overture TPU95A schwarz Filament.

SLS Teil, Filamentführung, hier in rot aufgezeigt.

Natürlich ist neben der Form auch die Härte des Sitzes wichtig. Hierfür habe ich die erstellte Geometrie in einem Prusa Slicer mit um die 8% Gyroid Infill gefüllt das eine gute Kraftaufnahme in X, Y und Z sowie Luftdurchlässigkeit innerhalb des Sattels erlaubt wodurch Kompressionseffekte kleiner Luft- Volumen keine Rolle spielen. Aktuell bin ich noch bei 3 Linien Wandstärke der 0,8mm Düse. Zukünftige Optimierungen kann die Aufteilung der Infill Stärke in Zonen sein, möglicherweise mit abgeschlossenen Luftkammern, sowie eine Reduktion der Wandstärke der Aussenverschalung. Ich kann schon jetzt bestätigen, dass dieser Sattel um Welten besser ist als alles, was ich bisher auf der Speed Twin gefahren bin. Besonders hervorzuheben ist die thermische Isolation bei Kälte und das Dämpfungsverhalten, die durch die große Luftkammer ermöglicht wird und besonders auf rauen Fahrbahnen einen Unterschied machen. Nun steht der aus TPU gefertigte Sattel vor der Herausforderung, seine Alltagstauglichkeit und Zuverlässigkeit unter verschiedenen Umgebungsbedingungen zu beweisen.

Ich nenne den Sattel “ocanom GT Racer”, ocanom weil es mein Nachname rückwärts geschrieben ist, GT für Grand Tour und Racer wegen der Herkunft von den Café Racern. Ich freue mich auf die kommende Motorradsaison und hoffe, dass dieser Artikel Anregung und Anlass für Diskussionen bietet.

“ocanom GT Racer” ist im Geiste der Amazon Grand Tour Serie, sowie den YouTube-Kanälen RACER TV und SuperBike Italia gewidmet, als Dank für die Freude und Inspiration während der dunklen Wintermonate beim Bau des Sattels 😉

Luigi Monaco ist Unternehmer aus Aschaffenburg mit dem Schwerpunkt 3D Druck in Kunststoff. Sie erreichen Ihn über seinen LinkedIn Account: www.linkedin.com/in/ocanom

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