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Additive Fertigung ermöglicht nachhaltiges Wachstum

Wenn wir Bits und Bytes anstelle von Atomen um die Welt bewegen könnten, würden wir es tun. Wir sollten es tun. Wenn die globale Fertigung nicht über eine physische sondern über eine digitale Lieferkette ablaufen könnte, die sich nahezu mit Lichtgeschwindigkeit bewegt, praktisch ohne Transportlogistik auskommt und eine zu vernachlässigende CO2-Bilanz hat, dann würden wir das wollen. Wenn beim Herstellungsprozess praktisch kein Materialabfall entstünde, dann würden wir das auch wollen. Und wenn wir leichtere und robustere Produkte herstellen könnten, die individuell auf jede Anwendung zugeschnitten sind … und die billiger wären … dann würden wir das natürlich auch wollen.

Und dennoch wird die additive Fertigung, die auch 3D-Druck genannt wird, heute bei weniger als 1 % der weltweiten Fertigung genutzt. Und das, obwohl additive Fertigung eine digitale Lieferkette bietet, die nicht nur Nachhaltigkeitsvorteile bringt, sondern auch viele Anforderungen von Verbrauchern besser erfüllt und neuartige Produkte möglich macht, unter anderem in der Luft- und Raumfahrt, im Gesundheitswesen, in der Automobilindustrie oder in der Unterhaltungselektronik.

Aber die Dinge ändern sich … und zwar schnell und basierend auf grundlegenden Geschäftsanforderungen.

Gastautorin: Rosa Coblens, VP Sustainability, Stratasys
Ich würge sogar behaupten, dass wir uns bei der globalen Fertigung an einem Wendepunkt befinden. Der massive Druck, träge Lieferketten und energieintensive Fertigungs- und Transportprozesse des 20. Jahrhunderts zu aktualisieren, trifft an diesem Punkt auf eine ausgereifte Adoptionskurve beim 3D-Druck. Geoffrey Moore würde sagen: Wir überqueren die Kluft. Tatsächlich bauen wir über diese Kluft viele stabile, nachhaltige Brücken, die dem Produktionswachstum dienen und Unternehmen bewegen sich schneller, um sie zu überqueren.

Der Status Quo funktioniert offenbar nicht. Hersteller müssen Monate im Voraus die Nachfrage vorhersagen. Schauen Sie sich die Automobilbranche und den Bereich Baumaterial an. Sogar Cafés! Das ist eine schwierige Situation. Je weniger wir schwer einschätzbare Monate im Voraus vorhersagen müssen, desto besser ist unsere Lage. Selbst wenn wir richtig raten, verschwenden wir Ressourcen. Laut Global Efficiency Intelligence lassen sich rund 22 % der weltweiten CO2-Emissionen auf den internationalen Handel mit Waren und Dienstleistungen zurückführen. Wir müssen uns hier verbessern.

2019 veröffentlichte das US-Energieministerium einen Bericht mit dem Titel „Additive Manufacturing: Building the Future.” Das war nicht das Handelsministerium, sondern das Energieministerium. Dieser Bericht stellte fest, dass man im Vergleich zur traditionellen Fertigung durch additive Fertigung die Abfall- und Materialkosten um fast 90 % und den Energieverbrauch um 25 bis 50 % senken könnte.

Woran liegt das? Beginnen wir mit Abfall und Materialien. Additive Fertigung wird mit subtraktiver Fertigung verglichen. Bei der additiven Fertigung wird jeder Millimeter eines Produkts mithilfe von Resintropfen, geschmolzenen Filamenttropfen oder wiederverwendbaren Pulverschichten aufgebaut und hergestellt. Manchmal sogar Mikrometer für Mikrometer. Dabei entsteht sehr wenig Abfall. Darin unterscheidet sie sich von der subtraktiven Fertigung, etwa die CNC-Bearbeitung, bei der Sie im Wesentlichen das Material wegschneiden, das Sie nicht brauchen.

Hinzu kommt der Transport. Wir geben inzwischen Milliarden von Dollar aus, um Bauteile rund um die Welt zu transportieren – auf Schiffen, Zügen und Flugzeugen, an Orte, an denen sie schließlich zusammengebaut werden – um sie dann oft wieder an die Verbraucher zu schicken. Mithilfe additiver Fertigung können Unternehmen einfach und unkompliziert eine digitale Datei dorthin senden, wo das Bauteil benötigt wird und dieses dann vor Ort drucken. Und dies ist bereits gängige Praxis. Europäische Bahnunternehmen, etwa die Deutsche Bahn in Deutschland und Angel Trains in Großbritannien, drucken viele ihrer Ersatzteile in der Nähe des Ortes, an dem sie benötigt werden. Die französische Marine testet dies auf ihren Schiffen auf offener See. Wenn man solche Anwendungen ausweiten könnte, würde man noch größere Effekte erzielen.

Die Frage lautet also – lässt sich dies ausweiten? Können wir mit 3D-Druckern eine breite Palette von Produkten herstellen, und zwar in großen Mengen und überall auf der Welt? Ja… es geht. Und dies ist der eigentliche Grund, warum wir uns an einem Wendepunkt befinden. Deshalb flossen auf den Kapitalmärkten in letzter Zeit Milliarden von Dollar in diese Technologie. Und Unternehmen wie General Motors haben daher in den letzten Jahren mehrere Millionen Dollar in die additive Fertigung gesteckt. Sie haben ihre Fabriken der Zukunft so gestaltet, dass sie den gesamten Produktionslebenszyklus umfassen.

Also ja, es kommt zu einer Ausweitung der Anwendungen, die man mithilfe additiver Fertigung erfolgreich abdecken kann. Der Schlüssel hierfür sind mehrere ausgereifte und für vielfältige Anwendungen optimierte 3D-Drucktechnologien. Sie werden unterstützt durch eine große Auswahl kostengünstiger Hochleistungsmaterialien. Es geht hier nicht darum, die verschiedenartigen Technologien wie FDM, Pulverbett oder Lasersintern miteinander zu vergleichen. Aus ganz unterschiedlichen Gründen handelt es sich oftmals um außergewöhnliche, wohldurchdachte Technologien. Das Material-Jetting zum Beispiel bietet Genauigkeit im Mikrometerbereich. Dabei kann man mehrere Materialien so kombinieren, dass man menschliche Organe künstlich nachbilden und herstellen kann, um Operationen zu planen und so Leben zu retten. Pulverbettsysteme bieten Bauteile im Produktionsmaßstab für die Automobilbranche. Diese möchte Autos anders bauen und dies ist wichtig für den Übergang zu Elektrofahrzeugen. Und dank softwaregestützter 3D-Drucksysteme wie unserer Technologie Origin P3 können wir mit Partnern wie Henkel und BASF innerhalb weniger Wochen neue Polymermaterialien entwickeln, die für spezifische Anwendungen optimiert sind. Bisher dauerte dies mehrere Jahre. Oft handelt es sich bei diesen additiven Fertigungsmaterialien um außerordentlich leistungsstarke Kunstharze, Pulver und Filamente. Kohlefaser und Verbundwerkstoffe für Automobilanwendungen. Feuer-, hitze- und rauchbeständige Polymere für die Luft- und Raumfahrt. Titanmetall für das Gesundheitswesen. Und es gibt kein Patentrezept. Wir brauchen eine Vielzahl von Systemen und Materialien, unterstützt von Cloud- und KI-fähiger Software. Und genau das passiert heute.

Darüber hinaus beschäftigen wir uns auch mit realen Größenordnungen. Wir konnten dies während der Pandemie erleben. Auf der ganzen Welt wurden in dieser Zeit Bestandteile der persönlichen Schutzausrüstung in Krankenhäusern bedenklich knapp. Mithilfe einer Cloud-basierten Softwareanwendung gründete Stratasys eine Covid-Koalition, bestehend aus mehr als 100 führenden Unternehmen wie Medtronic, Boeing, Schlumberger, Honda und Bayer. Dabei wurde im Wesentlichen ein virtuelles 3D-Drucklabor eingerichtet, um innerhalb weniger Wochen über 100.000 Gesichtsmasken zu drucken, bis die Hilfe durch Spritzgussverfahren anlaufen konnte. Ohne additive Fertigung hätte es diese Masken nicht gegeben. Im vergangenen Jahr konnte GM zudem dank einer soliden und schnellen Werkzeugfertigung per 3D-Druck innerhalb weniger Wochen auf Fertigungsanlagen der Automobilbranche mehr Beatmungsgeräte herstellen als zuvor der gesamte Sektor innerhalb eines Jahres. TE Connectivity, der weltweit größte Hersteller von Steckverbindern, bringt nun mit Hilfe von additiver Fertigung neue Produktlinien für Steckverbinder für anspruchsvolle Anwendungen wie die Luft- und Raumfahrt auf den Markt. Die Stückzahlen liegen dabei im Bereich von mehreren zehntausend Teilen.

3D-Drucktechnologien wie unsere neue Selective Absorption Fusion (SAF) und die oben erwähnte Technologie Origin P3 haben einen Punkt erreicht, an dem sie miteinander vernetzt rund um die Uhr bei konstanter Leistung eingesetzt werden können, was zuvor nur in der traditionellen Fertigung möglich war.

Abschließend möchte ich noch einige Überlegungen hinzufügen, die in den vergangenen Monaten von mehreren globalen Wirtschaftsführern, mit denen wir langjährige Beziehungen unterhalten, an mich herangetragen wurden. Ein Automobilmanager eines der weltweit größten Unternehmen merkte an, dass die Zukunft seiner Fertigungsanlagen von neuartigen Materialien und intelligenter Konnektivität abhängt. Und dass dies nur durch fortschrittliche additive Fertigung erreicht werden kann, und nicht durch traditionelle Fertigung. Er sagte, dass sich die Art und Weise, wie sie Autos bauen, komplett ändern wird. Ein großer Luft- und Raumfahrtzulieferer sagte, dass unser zukünftiges Leben im Weltraum auf 3D-Druck basieren müsse. Es geht nicht, dass man Endprodukte und Bauteile weiterhin auf den Mars und darüber hinaus sendet. Er stellt sich die Zukunft so vor, dass mit zunehmender Ausweitung von Raumfahrtprogrammen 3D-Drucksysteme die notwendigen Elemente für eine Besiedelung und weitere Entfaltung liefern. Und eines der weltweit größten Unternehmen des Silicon Valley mit Einfluss auf das Leben fast jeder Person mit Internetzugang stellt sich ein weltweit verteiltes Fertigungsnetz mit strategisch platzierten 3D-Druckern vor, das mit einem Cloud-basierten, digitalen Bestand verbunden ist, der je nach Bedarf lokal produziert wird.

Aber die Frage lautet: Kann eine derartige globale Fertigung so wachsen, dass sie nachhaltig ist? Ich glaube ja. Intelligente additive Fertigungssysteme, die als digitale Lieferkette vernetzt sind, können – unterstützt durch materialwissenschaftliche Innovationen – weit über den derzeit geringen Anteil der globalen Fertigung hinaus weiter wachsen. Dabei entsteht weniger Abfall und es wird weniger Energie verbraucht, es ist leistungsfähiger und die Markteinführungszeiten sind kürzer. Am Ende werden wir davon profitieren, wenn wir Dinge intelligenter herstellen und nachhaltige additive Fertigungstechnologien nutzen.

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