Home Trends & Visionen Dr. Eric Klemp über die Zukunft von additiven Fertigungsverfahren

Dr. Eric Klemp über die Zukunft von additiven Fertigungsverfahren

Im Rahmen unserer Kooperation mit der Inside 3D Printing Konferenz sprechen wir heute mit Dr.-Ing. Eric Klemp, Geschäftsführer des DMRC (Direct Manufacturing Research Center) der Universität Paderborn über das Potential, die Risiken und eine mögliche Zukunft von additiven Fertigungsverfahren.

– Herr Dr. Klemp, welches Potential schreiben Sie additiven Produktionsformen in den nächsten 10 Jahren zu?

Die additiven Fertigungsverfahren haben ein großes Potential. In 10 Jahren wird es viele Bauteile in vielen Industrien geben, die heute in anderen Fertigungsverfahren hergestellt werden. Potential von additiven Fertigungsverfahren besteht im Besonderen darin, dass individuelle Bauteile und kleine Serien schnell und kostengünstig und ohne Werkzeuge hergestellt werden können. Das eröffnet große Möglichkeiten in vielen Industrien und bei angepasster Verwendung entsteht hier ein großes Potential bei Bauteilen aus Kunststoff als auch aus Metallen. Mit der Weiterentwicklung der Technologien wird es viele neue Ansätze und Einsatzmöglichkeiten geben.

– Welche Probleme, Gefahren und Risiken sehen Sie mit zunehmender Verbreitung der 3D-Druck Technologien?

Es ist zunächst zwischen den Home-Anwendungen und den professionellen Technologien zu unterscheiden. Bei den Home-Anwendungen geht es eher um einfache Bauteile, die i.d.R. aus Kunststoffen hergestellt werden. Hier besteht das Problem darin, dass der Nutzer zunächst eine verwendbare Datei besitzen (hier geht es auch um Urheberrechte) muss. Gefahren bestehen darin, dass die Technologien die Erwartungen erfüllen müssen, was nicht in allen Fällen grundsätzlich gegeben ist. Risiken bestehen darin, dass der Nutzer u.a. Materialen verwendet, welche nicht zertifiziert und zugelassen sind. Ebenso besitzen die Bauteile in sich selbst Herausforderungen. Dennoch werden die Home-Anwendungen einen großen Anteil an der Wahrnehmung der Technologie haben und mit guten Bauteilen gibt es für „jedermann“ Kontakte zu diesen Technologien. Bei professionellen Systemen gibt es deutlich weniger Probleme, Gefahren und Risiken. Dies liegt u.a. bei der Verfügbarkeit der Installationen, denn durch den Preis stehen die Systeme nicht zu Hause, sondern bei Dienstleistern zur Verfügung, die Ihrerseits professionelle Daten mit Funktionen in Kundenabstimmung zur Verfügung stellen. Auch werden hier i.d.R. nur bekannte Materialien verwendet – nicht zuletzt, um der Produkthaftung zu genügen.

– In welchen Branchen/Bereichen sehen Sie künftig die größten Anwendungsmöglichkeiten von additiven Produktionsformen?

Bei geeigneter Bauteilauswahl werden sich in fast alle Industrien Anwendungen und Nutzen finden. Mit der Kenntnis der Möglichkeiten und Chancen ergeben sich hier viel ungeahnte Möglichkeiten und Chancen. Es werden in erster Linie solche Produkte betroffen sein, bei denen durch Individualisierung und Zusatzfunktionen einen „marktrelevanten“ Nutzen stiftet – insbesondere dann, wenn es um die schnelle werkzeuglose Herstellung von Produkten geht. Eine Vorreiterrolle werden die Luftfahrtindustrie und die Medizintechnik übernehmen – gefolgt von geeigneten Anwendungen im Automotive. Die Technologie ist so faszinierend, dass mit Sicherheit neue Industrien mit neuen Anwendungen auf heute vielleicht noch kleinen Nischenmärkten Märkte schaffen werden.

– Glauben Sie an eine Demokratisierung der Produktion?

Es werden weiterhin die Standard-Produktionsverfahren erfolgreich bestehen bleiben. Die Chance besteht darin, dass die additiven Fertigungsverfahren die Massenfertigungsverfahren – bei geeigneten Stückzahlen und Produktdesign – ergänzen werden. Die Verfahren werden also parallel produktiv sein, ggf. sogar den Gesamtmarkt sogar vergrößern.

– Könnte diese Technologie zu einer neuen “industriellen Revolution” beitragen?

Industrielle Revolution ist ein großes Wort. Die additiven Verfahren werden die Standard-Produktionsverfahren ergänzen. Es werden Produkte entstehen, die bisher nicht oder nur sehr aufwändig hergestellt werden konnten. Die Technologien der additiven Fertigungsverfahren sind nicht neu, sondern bestehen aus vielen einzelnen technische Weiterentwicklungen. Die Welt ist seit jeher dreidimensional, die neuen Technologien sorgen für eine Abbildung dieser.

– Halten Sie den aktuellen Medienboom rund um 3D-Drucker teilweise für überzogen oder gar für einen Hype?

Die Medien berichten über neue Technologien, die für jedermann begreifbar (im enge Sine des Wortes) werden können. Da das Interesse groß ist, ist auch die Nachfrage nach Informationen ebenso, es besteht also der Wunsch nach Information und der wird befriedigt – solange die Berichterstattung „einigermaßen“ objektiv und richtig ist. Ein Hype muss auch durch die Erfüllung der Erwartungen unterstützt werden, sonst geht es leider in genau die falsche Richtung.

– Wird der Zusammenschluss (Übernahmen, Merger, …) von 3D-Technologie Unternehmen weiter voranschreiten?

Große Firmen besitzen i.d.R. ausreichend Kapital für die Weiterentwicklung von Technologien. Damit stehen auf lange Sicht Technologien zur Verfügung, die Erwartungen erfüllen und zuverlässige Bauteile liefern. Zusammenschlüsse werden mit Sicherheit technologische Entwicklungen beflügeln – und ich hoffe, dass nicht neue Technologie unterdrückt werden, aber das ist zum jetzigen Zeitpunkt aus meiner Sicht nicht der Fall.

– Welche Neuvorstellung(en) der EuroMold 2013 hat Ihr Interesse besonders geweckt?

Auf der EuroMold ging der Trend der etablierten Hersteller zur Implementierung von Prozessketten, zu kontinuierlicher Fertigung und zur Prozesskontrolle. Die Neuvorstellung der Fa. Arburg stellte mit Sicherheit ein Highlight der diesjährigen EuroMold dar.

– Wird das Thema additive manufacturing Ihrer Meinung nach seitens der Politik ausreichend beachtet?

Es findet erste Beachtung. Die Berater der Bundesregierung, z.B. die Acatech, oder auch der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) und beispielsweise die Unternehmensberatung Roland Berger haben diese Technologie als relevant identifiziert und liefern dorthin Input.

– Hewlett Packard (HP) hat angekündigt 2014 auf dem 3D-Drucker Markt zu erscheinen. Wie glauben Sie könnte ein derartiger Markteintritt aussehen und welche Konsequenzen hätte er?

HP war bereits in den Vorjahren mit einem System von Stratasys auf dem Markt. Ein 3D Drucker von HP kann über das riesige Vertriebsnetz und viele Kanäle vertrieben werden. Tintenstrahl-oder Laserdrucker benötigen einen Druckfile, der in einem Computer erstellt wurde. Die Kenntnis zum Bedienen eines Computers, bzw. das Schreiben erlernt man in der Schule. Um ein brauchbares 3D-File zu erstellen, bedarf es etlicher Kenntnisse mehr. Es bedarf mehr, als nur ein Konstruktionsprogramm zu besitzen. Eine Markteinführung wird also mehr beinhalten müssen, als nur einen 3D-Drucker, den man Plug-und-Play anschließen kann. Wenn die Produkte und die Umgebung stimmt, dann könnte dies durchaus einen Markt schaffen.

– Welche Entwicklungen erwarten Sie für 2014?

Im Profi-Bereich wird die Industrialisierung im Bereich Maschinen, Materialien und Anwendungen weiter zunehmen. Es wird weitere Implementierungen in die Prozess- und Lieferketten geben. Im Home-Bereich wird es neue Entwicklungen auf Basis des jetzt Bestehenden in Kombination mit dem technisch Machbaren geben, u.a. zum Erreichen besserer Bauteilqualität.

Vielen Dank für das Interview!

Eric KlempDr.-Ing. Eric Klemp ist Geschäftsführer des DMRC (Direct Manufacturing Research Center) der Universität Paderborn und Programmverantwortlicher der Inside 3D Printing Konferenz und Expo am 10. und 11. März 2014 in Berlin. 

inside3dprinting

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