Home Industrie KoaxHybrid: Fraunhofer-Institut vereint WAAM- und WLMD-Verfahren

KoaxHybrid: Fraunhofer-Institut vereint WAAM- und WLMD-Verfahren

Ein Beispiel für Hybridtechnik in ihrer reinsten Form hat das Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT für das DVS-Forschungsprojekt “KoaxHybrid” entwickelt und gebaut. In Aachen haben die Institutsingenieure ein neues optisches System mit Glassubstraten und einem Lichtbogenbrenner entwickelt, das das Metallschutzgasschweißen (MSG) und den Lasermaterialauftrag mit einem Ringstrahl vereint und damit ein völlig neues Verfahren schafft.

Wie sich mit dem COLLAR Hybrid-Verfahren die Schweißgeschwindigkeit und die Auftragrate im metallischen 3D-Druck erhöhen lassen, erfahren Interessierte auf einem Fachkongress des DVS – Deutscher Verband für Schweißen und verwandte Verfahren e. V. vom 19. bis 21. September in Koblenz.

Das neue Verfahren kombiniert das Beste aus zwei Welten: zwei verschiedene additive Verfahren mit drahtförmigem Zusatzwerkstoff. Die Rede ist von Wire Arc Additive Manufacturing (WAAM) und Wire Laser Material Deposition (WLMD). Beide Verfahren haben systembedingte Vor- und Nachteile: WLMD ist im Vergleich zu WAAM aufwendig, hat geringe Abscheideraten, zeichnet sich aber durch geringen Wärmeeintrag und präzisen Schichtaufbau genau an der gewünschten Stelle aus. Aus diesem Grund ist es besonders in der Luft- und Raumfahrtindustrie gefragt. Wird eine höhere Auftragrate benötigt, ist WAAM die bessere Wahl, wobei die erreichbaren Oberflächen wuchtiger sind und der Schichtaufbau deutlich gröber ausfällt.

Beim Fügen hat sich die Kombination von Laserstrahlschweißen und Metall-Schutzgasschweißen unter dem Namen LB-GMA-Hybridschweißen etabliert. Dieses laterale Verfahren ist jedoch richtungsabhängig und nur bedingt zum Fügen dreidimensionaler Nähte geeignet.

Werden die Verfahren koaxial kombiniert, kann die Abscheiderate um bis zu 150 Prozent gesteigert werden, so dass das neue richtungsunabhängige 3D-Druckverfahren auch für große Bauteile eingesetzt werden kann.

“Da die Oberflächenwelligkeit abnimmt, ist der Nachbearbeitungsaufwand im Vergleich zum WAAM-Verfahren deutlich geringer”, erklärt Max Fabian Steiner, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer ILT.

Bild: © Fraunhofer ILT, Aachen, Germany / Max Fabian Steiner and Lukas Rießner.

Kombinierte Verfahren sorgen für Synergieeffekte

Die additive Fertigung mit Lichtbogen ist ein etabliertes und robustes Verfahren, denn nicht nur die notwendige Anlagentechnik ist kostengünstig zu beschaffen, auch die meisten metallischen Werkstoffe können damit verarbeitet werden.

Steiner erläutert die Nachteile: “Der Lichtbogen lässt sich allerdings nicht so präzise fokussieren wie ein Laserstrahl. Man kann damit nicht so feine und präzise Spuren erzeugen wie mit einem Laser.”

Mit seiner Institutskollegin Jana Kelbassa hat Steiner als Gegenmaßnahme eine spezielle wassergekühlte Optik mit Glassubstraten und einen wassergekühlten Lichtbogenbrenner zum Schweißen und zur additiven Fertigung bei hohen Leistungen entwickelt und gebaut. In dem neuen optischen System werden beide Energiequellen überlagert und die Stärken der beiden Einzelverfahren gewinnbringend kombiniert.

Bei dem Hybridverfahren wird der Lichtbogen zwischen Drahtende und Substrat von der ringförmigen Laserstrahlung wie von einem Kragen umschlossen. Die Idee hinter dieser Kombination ist, dass der Lichtbogen aus diesem Kragen nicht ausbrechen kann und zwangsgeführt wird. Dieser “Zwangsführung” verdankt das neue Verfahren seinen Namen COLLAR Hybrid, wobei sich das Akronym COLLAR auf den gemeinsamen koaxialen Laserlichtbogen der beiden Verfahren bezieht.

Während das Fraunhofer ILT die neue Anlagentechnik zur Weiterentwicklung des metallischen 3D-Drucks mit ringförmiger Laserstrahl- und Lichtbogentechnologie nutzt, entwickelt das Institut für Schweißtechnik und Fügetechnik (ISF) der RWTH Aachen damit das richtungsunabhängige Hybridschweißen mit Ringfokus und koaxialer Drahtzuführung. Beide Anwendungsfälle sind Teil des DVS-Forschungsprojekts KoaxHybrid.

Geeignet für nichtlineares Fügen

Doch nicht nur die höhere Schweißgeschwindigkeit, die nach ersten Tests gegenüber dem Lichtbogenschweißen um rund 100 Prozent gesteigert werden konnte, zeichnet das neue Hybridverfahren aus.

“Wenn es darum geht, Nähte zu schweißen, die nicht nur linear sind, wird es schwierig”, sagt Steiner. “An jeder Ecke oder Kurve müsste der konventionelle Aufbau gedreht werden, was zu einem hohen Aufwand bei der Programmierung der Bahnen führt.”

Eine Alternative ist das COLLAR-Verfahren, dessen Optik das Schweißen in jede beliebige Richtung ermöglicht. Darüber hinaus verspricht es einen weiteren positiven Effekt:

“Wir erwarten, dass durch den geführten Lichtbogen neue, weniger aufwändige Schweißnahtvorbereitungen bei den Fügepartnern für dicke Bleche ausreichen.”

Lichtbogen und Laser teilen sich die Arbeit

Wenn sehr feine und grobe Strukturen erforderlich sind, können die Anteile der Verfahren variiert werden. Mit einem reinen oder Majoritäts-Laserprozess (der Lichtbogen wird ganz oder mit geringer Leistung abgeschaltet) können die anspruchsvollen Bereiche und feinen Strukturen abgeschieden werden; mit einem Majoritäts-Lichtbogenprozess können die gröberen Strukturen, wie breite Rippen oder Bereiche mit großen Abscheideraten, deutlich schneller, kostengünstiger und mit geringerem Energieaufwand abgeschieden werden.

Ähnliche Aufbaustrategien bieten sich auch für Materialien wie Aluminium oder Kupfer an, für die sonst wesentlich teurere Strahlquellen mit blauem oder grünem Laserlicht benötigt werden.

“Mit dem Lichtbogen breche ich zum Beispiel die Aluminiumoxidschicht auf, die eine Schmelztemperatur von 2.200°C hat”, berichtet Steiner von einem erfolgreichen Experiment. “Die darunter liegende Aluminiumschicht hat aber nur eine Schmelztemperatur von 660°C, die ich dann mit insgesamt geringerer kombinierter Leistung schweißen oder bearbeiten kann.”

Mehr über Hybridschweißen und additives Drucken erfahren Interessierte vom 19. bis 21. September 2022 in Koblenz auf einem Fachkongress des DVS – Deutscher Verband für Schweißen und verwandte Verfahren e. V. und am 26. und 27. Oktober 2022 auf der DVS-Tagung “#additivefertigung: Metal in bestForm” in Essen.

Das IGF-Projekt “Richtungsunabhängiges Laser-MSG-Hybridschweißen mit Ringfokus und koaxialer Drahtzuführung zum Verbindungsschweißen und zur additiven Fertigung – KoaxHybrid” der Forschungsvereinigung Schweißen und verwandte Verfahren e. V. im DVS wurde von der AiF Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen e. V. im Rahmen eines Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimapolitik gefördert.

Mehr über Fraunhofer finden Sie hier.

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