Nachdem wir bereits den Artillery Sidewinder X1 getestet haben, sehen wir uns heute das Nachfolgemodell Artillery Sidewinder X2 genauer an. Wie das Gerät in unserem Test abschneidet, haben wir hier zusammengefasst.
Wenn man auf der Suche nach einem kostengünstigen Drucker ist, der sowohl über einen großen Bauraum als auch über einen Direct-Drive-Extruder verfügt, stößt man zwangsläufig auf die Sidewinder Serie des chinesischen Herstellers Artillery. Mit der Version X2 stellt Artillery nun einen Nachfolger des Sidewinder X1 vor, der eigentlich aber bereits die fünfte Version des Gerätes darstellt, da Artillery den X1 seit 2018 laufend mit kleinen Updates verbessert hat. Bevor wir mit dem Test des Sidewinder X2 beginnen, werfen wir einen kurzen Blick auf die Vor- und Nachteile des letzten Vorgängers den X1 in 4. Generation. Als positive Punkte bescheinigten wir dem Gerät damals einen großen Bauraum und zuverlässigen Druckergebnissen dank seines Direct-Drive-Extruders. Positiv fiel uns auch das schnelle Aufheizen des AC Heizbetts, seine leisen Druckeigenschaften und seine Modifizierbarkeit für Maker auf. Kritisiert hatten wir hingegen den etwas billigen und fragilen Aufbau, der sich beispielsweise in Kunststoffzahnräder und fragilen Flachkabel zeigte. Auch das Druckbett wurde nicht gleichmäßig heiß und der Hotend-Lüfter schien uns etwas unterdimensioniert. Aufgrund des sehr günstigen Preises kamen wir zum Ergebnis, dass das Gerät für Einsteiger trotzdem über ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis verfügte. Mittlerweile ist aber etwas Zeit vergangen und die meisten Hersteller im low-cost Bereich haben nachgerüstet. Daher verspricht auch Artillery mit dem Sidewinder X2 eine verbesserte Version mit neuen Namen. Werfen wir zunächst einen Blick auf die vom Hersteller angefügten technischen Details.
Den neuen Drucker gibt es auf der Webseite des Herstellers, Aliexpress, Amazon und anderen Händlern.
Inhaltsverzeichnis
Technische Details Artillery Sidewinder X2
Drucktechnologie | Fused deposition modeling (FDM) |
Bauraum [LxBxH] | 30 x 30 x 40 cm |
Rahmenmaterial | Aluminium und Kunststoff |
Positionsgenauigkeit | 0,05mm (XY), 0,1mm (Z) |
Druckgeschwindigkeit | bis zu 150 mm/s |
Schichtdicke | 0,05 mm |
Extruder | Single Direct Drive Extruder für 1,75mm Filament, max. 240 Grad, 0,4mm |
Mainboard | 32-Bit Artillery Eigenentwicklung |
Netzteil | integriert, 110 V-220 V umschaltbar |
Schnittstellen | USB, USB-Stick, Micro SD-Karte |
Display | Color Touch – Display |
Bauplatte | Beschichtete Glas Druckplattform, beheizbar bis max. 130 Grad |
Sonstiges | Filamentsensor, Resume Print Funktion, Duale Z-Achse, LED-Beleuchtung, Auto-Leveling Funktion |
Kompatibilität | Windows, Linux, MacOS |
Empfohlene Slicer-Software | Cura, Simplify3D, Slic3r |
Gerätegröße | 550 x 405 x 640 mm |
Gewicht | 12.9 kg |
Verbesserungen
Die technischen Daten sowie der generelle Aufbau des Gerätes zeigt sich somit Großteil identisch mit der X1 Version. Die Unterschiede finden sich in einem geringfügig geänderten Aussehen (das im Grunde nur die Extruder Abdeckung und die obere Querschiene betrifft), einem neuen und selbst entwickelten 32-Bit Mainboard, das auch bereits in anderen jüngeren Artillery Geräten verbaut wird, einer integrierten automatischen Leveling-Funktion, einer etwas robustere Verkabelung beim beheizbaren Druckbett, eine verbesserte Z-Achsen Befestigung, einem Umschalter am Netzteil der nun sowohl 110 V als auch 220 V unterstützt und dem Umstand, dass der Drucker bereits etwas fertiger aufgebaut ausgeliefert wird. Sehen wir uns diese Änderungen im Zuge unseres Tests im Detail an.
Erster Eindruck und Aufbau
Geliefert wird der X2 wie sein Vorgänger gut verpackt in einem Karton. Nachdem man die zwei wesentlichen Teile aus der Einschäumung geholt hat, kann man sich an den Aufbau des Gerätes machen. Dieser ist wie auch bereits beim Vorgängermodell nicht sonderlich schwer und die mitgelieferte Anleitung unterstützt einem dabei. Dabei ist der Begriff Aufbau eigentlich selbst fast schon übertrieben, weil man im Grunde nur den aus verpackungstechnischen Gründen in zwei Teile zerlegten Drucker zusammensetzen und mit wenigen Schrauben befestigen muss. Tatsächlich geht der Aufbau auch noch schneller als beim Vorgänger und wir sind bereits nach rund 10 Minuten fertig, wovon der Filamenthalter den größeren Zeitaufwand verursachte. Unser erster Eindruck ruft gemischte Gefühle hervor, weil die Querschiene nun aus Kunststoff gefertigt wurde. Diese kommt zwar in einem hübschen Blau, scheint auch stabil zu sein und wirkt optisch etwas moderner, wirkt aber auf uns aufgrund der Materialauswahl doch etwas weniger wertig. Aus dem gleichen Kunststoff wurde nun auch die Abdeckungen rund um den Extruder gefertigt, wobei eine zusätzliche Abdeckung nun auch die Steckverbindungen auf der linken Seite schützt und damit die erste kleine Verbesserung darstellt. Auch der Filamenthalter wurde insofern verbessert, indem er nun über durchgängige Rollen verfügt, die nun unterschiedlich breite Filament Rollen halten kann, ohne zum Schraubenschlüssel greifen zu müssen. Das finden wir ebenfalls positiv. Als weitere Verbesserung sticht die stabilere Kabelzuführung beim beheizten Druckbett ins Auge. Dann findet man am Netzteil noch einen kleinen Schalter, über den man das Netzteil zwischen 110 V und 220 V umschalten kann. Das ist zwar im Prinzip auch eine Verbesserung, auch wenn davon vermutlich hauptsächlich der Hersteller profitieren wird, weil wir es für unwahrscheinlich halten, dass der typische Anwender das Gerät in verschiedene Regionen einsetzen wird. Beim genaueren Betrachten sieht man auch einen kleinen Taststift beim Extruder, der die Auto-Leveling Funktion ermöglicht. Der Rest gleicht dem Vorgängermodell.
Inbetriebnahme
Nachdem der erste Gesamteindruck positiv war, hatten wir bei der Inbetriebnahme dann doch etwas zu kämpfen. Wir folgten dabei der gedruckten Anleitung ganz so, wie es ein typischer Kunde machen würde und richteten den Drucker in Cura ein. Aufgrund der Neuheit des Gerätes existiert in Cura jedoch noch kein eigenes Profil, weshalb im Handbuch empfohlen wird, die Einstellungen des X1 zu übernehmen und das Gerät lediglich umzubenennen. Die restlichen Angaben zum Setting im Handbuch zeigten sich aber als redundant, weil sie bereits den Einstellungen des X1 entsprachen. Danach machten wir uns an das Auto-Leveling der Druckplattform mit dem Resultat, das danach unmittelbar der Druckkopf am Druckbett kratzte. Erst bei der Fehlersuche entdeckten wir eine neuere digitale Version der Anleitung auf der Artillery Webseite, die im Gegensatz zum gedruckten und mitgelieferten Handbuch die Information zum fehlenden Start G-Code Eintrag „M420 S1 Z10“ beinhaltete, die für die Funktion des Auto-Leveling benötigt wird. Trotzdem war noch ein manueller z-Offset erforderlich, bevor das Gerät korrekt drucken konnte. Die erhoffte Zeitersparnis durch die Auto-Leveling Funktion bewirkte in unserem Fall somit erstmals das Gegenteil. Zur Verteidigung von Artillery wollen wir aber fairerweise erwähnen, dass wir unser Gerät für den Test vor dem eigentlichen Marktstart erhalten hatten und Artillery den Fehler bereits in der neuen Version des Handbuches korrigiert hat. Unsere Erfahrung werden daher (hoffentlich) nicht für die Kunden der ersten Seriengeräte repräsentativ sein. Den ersten Käufern empfehlen wir sicherheitshalber dennoch, das auf der Hersteller-Webseite bereitgestellte Handbuch vor Inbetriebnahme zu überprüfen.
Drucktests und erste Erfahrungen
Nachdem wir das obige Problem gelöst hatten, zeigte sich der Drucker wieder überwiegend von seinen positiven Seiten. Der X2 druckte in unseren Tests zuverlässig und in für diese Preisklasse guter Qualität. Auch das Problem des unterdimensionierten Hotend Lüfters scheint gelöst worden zu sein und die Vorteile des großen Bauraums, des direkten Extruders, der Autoresume Funktion und des Filamentsensors blieben wie beim Vorgänger erhalten. Vom selbstentwickelten 32-Bit Mainboard – von dem bisher nur wenige Informationen zur Verfügung stehen, merken wir jedoch keine wirklichen Vor- oder Nachteile im Vergleich zum 8-Bit Makerbase MKS GEN L des Vorgängers. Das Gerät arbeitet aber weiterhin äußerst leise. Womöglich wird das neue Mainboard erst bei Nachfolgegeräten seine Stärken unter Beweis stellen können. Auch die von uns kritisch betrachtete Kunststoffschiene scheint sich weder vor- noch nachteilig auszuwirken und das Gerät zeigt, wie sein Vorgänger leichte Vibrationen bei zunehmender Druckhöhe, die aber akzeptabel ausfallen. Auch wenn das stabilere AC-Kabel vermutlich die wichtigste, wenn auch überfälligste Verbesserung darstellt, wird von den meisten Kunden die Auto-Leveling Funktion als die eigentliche Verbesserung des X2 aufgenommen werden, weil sie künftig Zeit sparen und bessere Druckergebnisse bringen sollte. Abgesehen davon werden die meisten keine nennenswerten Änderungen zur Vorversion feststellen, und es bleiben leider auch einige Schwächen des Vorgängers, wie beispielsweise das fix verklebte Druckbett mit ungleichmäßiger Heizleistung oder die fragilen Kunststoffzahnräder bei der Filamentzuführung weiter erhalten.
Fazit
Der heiß umkämpfte low-cost Einsteigermarkt macht es allen Herstellern unmöglich, sämtliche Kundenbedürfnisse in einem Gerät zu erfüllen. Jeder Hersteller setzt daher bei seinen jüngsten Updates auf andere neue Funktionen wie ein größeres Display oder ein abnehmbares Druckbett. Artillery hat sich beim Sidewinder X2 im Vergleich zum Vorgänger für eine Auto-Leveling Funktion als wesentliche neues Verkaufsargument entschieden, um sein gutes Preis-/Leistungsverhältnis weiter aufrechterhalten zu können. Darüber hinaus wurden im Sidewinder X2 einige kleinere und notwendige Verbesserungen vorgenommen, womit Artillery beweist das es ein Ohr für seine Community hat.
Welche neuen Funktionen man bei einem neuen Drucker bevorzugt, ist dann aber wie die Änderungen in der Optik oder bei der Materialauswahl vom individuellen Geschmack und der persönlichen Präferenzen abhängig. Auch wenn die neue Auto-Leveling Funktion sicher praktisch ist, bleiben für uns der für flexible Materialien besser geeignetere Direktextruder und der große Bauraum die wesentlichsten Argumente für den Sidewinder X2.