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Prusa MK4 im Test: Von Fans geliebt, von Kritikern respektiert

Obwohl Prusa 3D außerordentliche Popularität genießt, wird die Bedeutung des tschechischen Unternehmens und seiner Innovationen häufig unterschätzt. In unserem Test des Prusa MK4 gehen wir der Frage nach, was das Original von den Nachahmungen unterscheidet und enthüllen, warum Prusa bedeutender ist, als viele vermuten.

Prusa ist unbestreitbar einer der angesehensten Namen in der 3D-Druckbranche und könnte sogar als der momentan wichtigste 3D-Drucker-Hersteller weltweit gelten – und das unabhängig von Prusas beliebtem und international anerkanntem Portfolio an Geräten und Materialien sowie seinen beeindruckenden Verkaufszahlen. Diese kühne Einschätzung wird möglicherweise erst von langjährigen Branchenmitgliedern vollständig verstanden, die die Möglichkeit hatten, mehrere Generationen von Nutzern zu beobachten. Sie konnten sehen, dass Prusas Produkte weit über die Grenzen einzelner Branchen hinaus in Unternehmen aller Größen verwendet werden. Es ist besonders bemerkenswert, dass diese Geräte sogar in Forschungs- und Entwicklungsabteilungen anderer Hersteller von Additive-Manufacturing-Geräten zu finden sind, wo sie die Entwicklung von Produkten unterstützen, die potenziell mit Prusa konkurrieren. Darüber hinaus sind die Rückmeldungen der Nutzer zu den Geräten durchweg positiv – ein Phänomen, das in dieser Industrie äußerst selten ist.

Einfluss weit über die eigenen Grenzen hinaus

Eine weitere Erklärung liegt in Umständen, die viele führende Akteure der additiven Fertigungsindustrie oft ungern diskutieren. Ein wesentlicher Punkt ist, dass keine additive Fertigungstechnologie eine annähernd so hohe Installationsrate aufweist wie die FDM-Technologie, die auch von Prusa genutzt wird. Diese Diskrepanz ist so groß, dass marktübliche Berichte keine genauen Zahlen liefern können. Während große Branchenführer ihre Lebenszeit-Installationsraten in einigen hundert Geräten messen, können nur lokale Zollbehörden schätzen, wie viele tausende FDM-Geräte jährlich importiert werden, viele davon sind Klone von Prusa-Entwicklungen verschiedener Generationen. Dies zeigt, dass Prusas Innovationen, in Form von mehr oder weniger guten Nachbauten, weit über das hinaus strahlen, was die Umsatzzahlen des tschechischen Herstellers vermuten lassen.

Ein direkter Vergleich zwischen Einstiegsgeräten und industriellen additiven Fertigungsanlagen ist zwar nicht angebracht, doch Prusa übt einen weiteren wesentlichen Einfluss aus, der tief in die industriellen Branchen reicht. Wenn man mit Entwicklern und Nutzern industrieller additiver Fertigungsanlagen spricht, erfährt man oft, dass sie die Grundlagen der additiven Fertigungstechnologien an Geräten von Herstellern aus der RepRap Bewegung wie Prusa, sowie ehemals Ultimaker und MakerBot, erlernt haben. Diese Unternehmen und ihr offenes Ökosystem haben ganze Generationen von Enthusiasten zu Experten in der additiven Fertigung ausgebildet, von denen viele heute die Branche anführen. Viele haben ihre Fähigkeiten dabei nicht durch formale Bildungswege, sondern autodidaktisch aufgrund des Mangels an spezialisierten Ausbildungsmöglichkeiten erworben.

Trotz der breiten Anerkennung gibt es auch kritische Meinungen zu Prusa, hauptsächlich von Interessenten, die den Preis von Prusa im Vergleich zu Wettbewerbern aus Fernost als zu hoch ansehen. In unserem aktuellen Test widmen wir uns diesem Punkt genauer. Dafür haben wir einen Original Prusa MK4 bestellt – das neueste Flaggschiff-Gerät aus dem Hause Prusa 3D, um uns ein umfassenderes Bild von Prusa zu machen.

Lieferung und erster Eindruck

Wir haben unseren fertig zusammengebauten Original Prusa MK4, der gut verpackt war, erhalten und machen uns sogleich an unser Review. „Fertig zusammengebaut“ bedeutet bei Prusa, dass man das Gerät tatsächlich aus der Verpackung nehmen und auf den Tisch stellen kann. Lediglich der Filament Halter wird noch oben aufgesteckt, und ein optionaler Spanner mit drei Schrauben befestigt. Damit ist der einsatzbereite 3D-Drucker fertig.

Lieferumfang

Das Paket enthält neben dem Drucker (abgesehen von den Gummibärchen, die wir als freundliche Geste auffassen) auch folgendes übliche Zubehör und Bestandteile:

  • Doppelseitiges glattes PEI-Druckblech
  • 1kg Prusament PLA
  • Handbuch zum 3D-Drucken
  • USB-Stick mit Musterdrucken (G-Codes)
  • Werkzeugset: Uni-Schlüssel, Schraubenschlüssel 13-16, Kreuzschlitzschraubendreher, Spitzzange, Innensechskant- und T-Sechsrundschlüssel
  • Alkoholgetränkte Tücher, Akupunkturnadel
  • Spulenhalter
  • Prusa Schmiermittel für Lager
  • Eine Packung Haribo Gummibärchen
  • Herstellungsprotokoll

Unser erster Eindruck ist äußerst vielversprechend und hebt sich in einigen kleinen, doch entscheidenden Details von vielen anderen Druckern ab, die wir bisher testen durften. Erstens wurde bei diesem Gerät auf die Verwendung hochwertiger Metalle Wert gelegt, wodurch seine Stabilität sofort positiv auffällt. Es gibt nichts, das wackelt, keine losen Schrauben, alle Kabel sind ordentlich mit Kabelbindern befestigt, und die Anschlussstellen sind sauber verstärkt. Die Authentizität der hausintern gedruckten Kunststoffteile am Drucker unterstreicht das Vertrauen in die Qualität der eigenen Technologie. Diese Teile, einschließlich des Gehäuses des Displays, sind zudem jederzeit als Ersatzteile nachdruckbar.

Darüber hinaus sind alle beweglichen Teile gut sichtbar gefettet, was von der hohen Qualitätskontrolle bei Prusa zeugt. Jedes Gerät wird individuell getestet und mit einem Testdruck (einem Schlüsselanhänger) direkt auf dem Druckbett ausgeliefert. Ein weiterer Pluspunkt ist das mitgelieferte Handbuch, das seinen Namen wirklich verdient. Es ist nicht nur in der eigenen Landessprache verfügbar, sondern bietet auch einen echten Einstieg in die Welt des 3D-Drucks für Anfänger.

Funktionen und erster Test

Als Nachfolger des berühmten MK3 muss der MK4 nicht nur in die Fußstapfen eines Branchenkönigs treten, sondern auch mit einer Lawine an Konkurrenzprodukten konkurrieren, die sich in einem großen Preiskampf befinden. Viele Mitbewerber verfolgen daher die Strategie, möglichst viele scheinbar notwendige Features und Gadgets auf ihre Funktionslisten zu setzen, um sich von anderen abzuheben. Prusa spielt bei diesem Spiel (vorerst) nicht mit, sondern setzt offenbar auf bewährte und wesentliche Funktionen.

Technische Spezifikationen

Die technischen Spezifikationen des MK4 lesen sich wie folgt:

  • Bauvolumen: 250 x 210 x 220 mm | 9.84 x 8.3 x 8.6 in
  • Filament Durchmesser: 1.75 mm
  • Schichthöhe: 05-0.30 mm
  • Mainboard: Eigene 32-Bit xBuddy-Elektronik mit STM32
  • Schrittmotor-Treiber: Trinamic 2130
  • Schrittmotoren: Präzise 0.9° X,Y Schrittmotoren (verhindert VFA)
  • Extruder: Nextruder, Direct Drive, E3D V6 kompatibel (mit einem Adapter)
  • Extruder Elektronik: Eigenentwickeltes Breakout-Board zum Anschluss von Lüftern, Thermistoren und anderen Bauteilen.
  • Filamentweg: Aluminium-Kühlkörper, Ganzmetall-Hotend
  • Antriebssystem: Nextruder Planetengetriebesystem, 10:1 Getriebeübersetzung
  • Düsendurchmesser: 0.4mm (Standard) / andere Düsendurchmesser werden unterstützt
  • Maximale Düsentemperatur: 290 °C / 554 °F
  • Maximale Heizbett-Temperatur: 120 °C / 248 °F
  • LCD-Bildschirm: 3,5″ Grafik 65k Farbbildschirm
  • Konnektivität: Optionales ESP Wi-Fi Modul
  • Druckmedium: USB-Stick / LAN / Internet über Prusa Connect
  • Hochentwickelte Sensoren: Filament-Sensor, Wägezellen-Sensor, Power Panic, 4 hochpräzise Thermistoren (Original Semitec) + Drehzahlüberwachung der Lüftermotoren
  • Druckoberfläche: Magnetisches Heizbett mit abnehmbaren PEI-Federstahlblechen
  • Bett Kalibrierung: Automatisch, Gitter-Bett-Nivellierung (nur im zu druckenden Bereich)
  • Unterstützte Materialien: PLA, PETG, ABS, ASA, Flex, HIPS, PA, PVA, PC, PP, CPE, PVB, NGEN, Verbundwerkstoffe und mehr
  • Abmessungen des Druckers (ohne Spule): 7 kg, 500×550×400 mm; 19.6×21.6×15.7 in (X×Y×Z)
  • Netzteil: 240W, maßgeschneidert von Delta mit Power Panic HW
  • Stromverbrauch: PLA Verbrauch: 80W / ABS Verbrauch: 120W

Während die Geräte- und Bauraumgröße, die Temperaturbereiche und Schichthöhen beim MK4 im Branchendurchschnitt der Einstiegsserie liegen, vermisst man bei diesem Modell Gadgets wie eine integrierte Webcam, einen SD-Kartenslot oder ein Touchscreen. Bevor man sich jedoch enttäuscht abwendet, sollte man zunächst einen genaueren Blick auf die direkt mit dem 3D-Druck verbundenen technischen Spezifikationen werfen, deren Wert nicht unmittelbar ersichtlich ist. So bietet der MK4 alle relevanten Funktionen, die tatsächlich für einen problemlosen Druck vonnöten sind, darunter Filamentsensoren, einen Unterbrechungsschutz, eine vollautomatische Bettkalibrierung und ein magnetisches PEI-Druckblech. Darüber hinaus sorgt Prusas interne Entwicklung für eine äußerst harmonische Abstimmung zwischen Hardware, Software und Materialien, die in unseren ersten Tests zu einer problemlosen und hervorragenden Druckqualität bei hoher Geschwindigkeit führte.

Tests und Checks bei der ersten Inbetriebnahme.

Ebenso relevante Stärken von Prusa-Geräten sind für Neulinge noch weniger sofort erkennbar. Diese finden sich im lebendigen und aktiven Ökosystem, das mit dem Gerät einhergeht, sowie im offenen Standard, der das Gerät zum absoluten Maker-Hit macht. Darunter fallen nicht nur der hilfreiche Support, eine gigantisch große Maker-Community, die hochwertige 3D-Modellplattform Printables (die auch für Nutzer anderer Geräte empfohlen werden kann), eine verlässliche und intuitive Software sowie ein modularer Aufbau mit hervorragender Dokumentation, die die Verwendung von Ersatzteilen, Erweiterungen und eigene Entwicklungen unterstützt.

Drucktests

Unser erster Test verlief dementsprechend langweilig oder, aus Anwendersicht, sehr gut. In unseren mehrtägigen Drucktests (mit original Prusa-Filament) konnten wir bis dato beim Druck von PLA und PETG keine Schwächen in der Druckfunktionalität des Prusa MK4 (im Vergleich zu vielen anderen Geräten dieser Klasse) feststellen. Sämtliche Tests liefen ohne Probleme, was Seltenheitswert hat, in hervorragender Druckqualität, bei kaum vorhandener bis minimaler Fadenziehung und schnell. Der Drucker hält dabei in puncto Geschwindigkeit mit den neuesten, auf Klipper basierenden Mitbewerbern durchaus Schritt und ist trotz offenen Gehäuses vergleichsweise geräuscharm. So laufen das Vorheizen, der Filamentwechsel, die automatische Kalibration und der Druck super intuitiv und auf höchstem Niveau.

Das Benchy wird sauber und in rund 20 Minuten gedruckt
Auch größere und anspruchsvollere Objekte sind für den MK4 kein Problem
Ersatzteile? Kein Problem!

Wir testeten auch die Stromunterbrechung während des Druckvorgangs, die den Extruder selbst nach gezogenem Stromkabel in eine sichere Distanz zum Druckobjekt bringt. Schließt man den Strom wieder an, setzt der Drucker den Prozess vollautomatisch fort, wobei die Unterbrechungsstelle am Objekt doch erkennbar ist.

Benchy (links) mit Unterbrechung, rechts ohne Unterbrechung

Einen Schwachpunkt fanden wir bei der integrierten WLAN-Funktion, die zwar ebenfalls ihre Dienste leistet, aber mit einem ungewöhnlich umständlichen Setup überrascht. Hier benötigt man zur Speicherung der Zugangsdaten einen USB-Stick und einen Computer, um dann mittels PrusaConnect/PrusaLink eine Verbindung herzustellen. Historisch hat Prusa aber immer wieder bewiesen, dass die Nutzer auf laufende Verbesserungen mittels Firmwareupdates setzen können.

Das WLAN-Modul versteckt sich auf der Rückseite des Gerätes

Trotz dieser Kleinigkeiten überzeugt uns der Drucker im Standardbetrieb, und wir können mit einem vorläufigen positiven Fazit enden. Wie sich der Drucker langfristig schlägt, werden die kommenden Monate zeigen.

Unser vorläufiges Fazit

Der Original Prusa MK4 kann treffend, als die Mercedes G-Klasse unter den Einstiegs-3D-Druckern bezeichnet werden. Sein Design lässt sich entweder als funktional schlicht oder als zeitloser Klassiker auffassen, aber in Sachen Verlässlichkeit und Qualität besteht weitgehend Konsens. Obwohl einige Gadgets, die bei anderen Herstellern teilweise zum Standard gehören, im Datenblatt fehlen, funktionieren bei Prusa alle Kernfunktionen einwandfrei – genau die Funktionen, für die man sich eigentlich einen 3D-Drucker anschafft, und das ohne Kompromisse. Prusa bleibt seinem Weg treu und lässt sich nicht von kurzlebigen Trends beeinflussen. Stattdessen fokussiert sich das Unternehmen darauf, Software, Hardware und Materialien in Einklang zu bringen, um ein zuverlässiges Arbeitsgerät zu entwickeln, das auch ohne viel Schnickschnack herausragende Ergebnisse erzielt und sich zudem hervorragend in das Prusa-Ökosystem einfügt.

Ein Kritikpunkt könnte der Preis sein, der – ähnlich wie bei der Mercedes G-Klasse – einige potenzielle Fans abschrecken könnte. Mit Startpreisen von derzeit rund 459€ (Original Prusa MINI+ Bausatz) oder 1199€ (889€ als Bausatz) für unser Testgerät ist zwar eine Preisdiskrepanz erkennbar, diese ist aber tatsächlich geringer als manch einer vermuten mag. Es mag einen geringen Preisaufschlag aufgrund des Kultstatus geben, doch aus unserer Sicht rechtfertigt der Preis sich allein durch das einzigartige, aktive Ökosystem und die lebendige, offene Community, die einen Prusa unterstützt. Die modulare Erweiterbarkeit und Aufrüstbarkeit bieten nicht nur hervorragende Reparaturoptionen, sondern machen das Gerät auch kompatibel für zukünftige Innovationen, Experimente und Eigenentwicklungen. Dass Prusa in Europa produziert, leistet zudem einen wesentlichen Beitrag zum lokalen Markt und Innovationssystem.

Wir schließen mit einem durchweg positiven Fazit. Der Prusa MK4 erweist sich in unserem Kurztest als würdiger Nachfolger des MK3. Mit spürbaren Verbesserungen, ohne dabei seine Seele als Kultgerät zu verlieren.

Leider überschreitet der Nettopreis des MK4 inklusive Versandkosten für Gewerbetreibende aus Deutschland und Österreich um rund 20 € die Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter.

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